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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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sehr mild und gefällig geworden, und seine
Gegenwart wirkte recht günstig auf die Ge¬
sellschaft. Er verlangte, daß man etwas
Nützliches zusammen lesen sollte, ja sogar
gab er manchmal kleine Spiele an, die er,
wo nicht mitspielte, doch mit großer Sorg¬
falt dirigirte, und da man sich über seine
Herablassung verwunderte, sagte er: es sey
die Pflicht eines jeden, der sich in Haupt¬
sachen von der Welt entferne, daß er in
gleichgültigen Dingen sich ihr destomehr
gleich stelle.

Wilhelm hatte unter diesen Spielen mehr
als Einen bänglichen und verdrießlichen Au¬
genblick, der leichtsinnige Friedrich ergriff
manche Gelegenheit, um auf eine Neigung
Wilhelms gegen Natalien zu deuten. Wie
konnte er darauf fallen? wodurch war er
dazu berechtigt? und mußte nicht die Gesell¬
schaft glauben, daß, weil beyde viel mit

ſehr mild und gefällig geworden, und ſeine
Gegenwart wirkte recht günſtig auf die Ge¬
ſellſchaft. Er verlangte, daß man etwas
Nützliches zuſammen leſen ſollte, ja ſogar
gab er manchmal kleine Spiele an, die er,
wo nicht mitſpielte, doch mit großer Sorg¬
falt dirigirte, und da man ſich über ſeine
Herablaſſung verwunderte, ſagte er: es ſey
die Pflicht eines jeden, der ſich in Haupt¬
ſachen von der Welt entferne, daß er in
gleichgültigen Dingen ſich ihr deſtomehr
gleich ſtelle.

Wilhelm hatte unter dieſen Spielen mehr
als Einen bänglichen und verdrießlichen Au¬
genblick, der leichtſinnige Friedrich ergriff
manche Gelegenheit, um auf eine Neigung
Wilhelms gegen Natalien zu deuten. Wie
konnte er darauf fallen? wodurch war er
dazu berechtigt? und mußte nicht die Geſell¬
ſchaft glauben, daß, weil beyde viel mit

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[482/0486] ſehr mild und gefällig geworden, und ſeine Gegenwart wirkte recht günſtig auf die Ge¬ ſellſchaft. Er verlangte, daß man etwas Nützliches zuſammen leſen ſollte, ja ſogar gab er manchmal kleine Spiele an, die er, wo nicht mitſpielte, doch mit großer Sorg¬ falt dirigirte, und da man ſich über ſeine Herablaſſung verwunderte, ſagte er: es ſey die Pflicht eines jeden, der ſich in Haupt¬ ſachen von der Welt entferne, daß er in gleichgültigen Dingen ſich ihr deſtomehr gleich ſtelle. Wilhelm hatte unter dieſen Spielen mehr als Einen bänglichen und verdrießlichen Au¬ genblick, der leichtſinnige Friedrich ergriff manche Gelegenheit, um auf eine Neigung Wilhelms gegen Natalien zu deuten. Wie konnte er darauf fallen? wodurch war er dazu berechtigt? und mußte nicht die Geſell¬ ſchaft glauben, daß, weil beyde viel mit

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/486>, abgerufen am 25.11.2024.