Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

einen Sessel und lachte fort; die armen gu¬
ten Schauspieler! Wissen Sie denn, mein
Freund, fuhr er fort, nachdem er sich eini¬
germaßen wieder erholt hatte, daß Sie nicht
das Theater, sondern die Welt beschrieben
haben, und daß ich Ihnen aus allen Stän¬
den genug Figuren und Handlungen zu Ih¬
ren harten Pinselstrichen finden wollte? Ver¬
zeihen Sie mir, ich muß wieder lachen, daß
Sie glaubten, diese schönen Qualitäten seyen
nur auf die Breter gebannt.

Wilhelm faßte sich, denn wirklich hatte
ihn das unbändige und unzeitige Gelächter
Jarno's verdrossen. Sie können, sagte er,
Ihren Menschenhaß nicht ganz verbergen,
wenn Sie behaupten, daß diese Fehler all¬
gemein seyen.

Und es zeigt von Ihrer Unbekanntschaft
mit der Welt, wenn Sie diese Erscheinun¬
gen dem Theater so hoch anrechnen. Wahr¬

einen Seſſel und lachte fort; die armen gu¬
ten Schauſpieler! Wiſſen Sie denn, mein
Freund, fuhr er fort, nachdem er ſich eini¬
germaßen wieder erholt hatte, daß Sie nicht
das Theater, ſondern die Welt beſchrieben
haben, und daß ich Ihnen aus allen Stän¬
den genug Figuren und Handlungen zu Ih¬
ren harten Pinſelſtrichen finden wollte? Ver¬
zeihen Sie mir, ich muß wieder lachen, daß
Sie glaubten, dieſe ſchönen Qualitäten ſeyen
nur auf die Breter gebannt.

Wilhelm faßte ſich, denn wirklich hatte
ihn das unbändige und unzeitige Gelächter
Jarno’s verdroſſen. Sie können, ſagte er,
Ihren Menſchenhaß nicht ganz verbergen,
wenn Sie behaupten, daß dieſe Fehler all¬
gemein ſeyen.

Und es zeigt von Ihrer Unbekanntſchaft
mit der Welt, wenn Sie dieſe Erſcheinun¬
gen dem Theater ſo hoch anrechnen. Wahr¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0047" n="43"/>
einen Se&#x017F;&#x017F;el und lachte fort; die armen gu¬<lb/>
ten Schau&#x017F;pieler! Wi&#x017F;&#x017F;en Sie denn, mein<lb/>
Freund, fuhr er fort, nachdem er &#x017F;ich eini¬<lb/>
germaßen wieder erholt hatte, daß Sie nicht<lb/>
das Theater, &#x017F;ondern die Welt be&#x017F;chrieben<lb/>
haben, und daß ich Ihnen aus allen Stän¬<lb/>
den genug Figuren und Handlungen zu Ih¬<lb/>
ren harten Pin&#x017F;el&#x017F;trichen finden wollte? Ver¬<lb/>
zeihen Sie mir, ich muß wieder lachen, daß<lb/>
Sie glaubten, die&#x017F;e &#x017F;chönen Qualitäten &#x017F;eyen<lb/>
nur auf die Breter gebannt.</p><lb/>
            <p>Wilhelm faßte &#x017F;ich, denn wirklich hatte<lb/>
ihn das unbändige und unzeitige Gelächter<lb/>
Jarno&#x2019;s verdro&#x017F;&#x017F;en. Sie können, &#x017F;agte er,<lb/>
Ihren Men&#x017F;chenhaß nicht ganz verbergen,<lb/>
wenn Sie behaupten, daß die&#x017F;e Fehler all¬<lb/>
gemein &#x017F;eyen.</p><lb/>
            <p>Und es zeigt von Ihrer Unbekannt&#x017F;chaft<lb/>
mit der Welt, wenn Sie die&#x017F;e Er&#x017F;cheinun¬<lb/>
gen dem Theater &#x017F;o hoch anrechnen. Wahr¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0047] einen Seſſel und lachte fort; die armen gu¬ ten Schauſpieler! Wiſſen Sie denn, mein Freund, fuhr er fort, nachdem er ſich eini¬ germaßen wieder erholt hatte, daß Sie nicht das Theater, ſondern die Welt beſchrieben haben, und daß ich Ihnen aus allen Stän¬ den genug Figuren und Handlungen zu Ih¬ ren harten Pinſelſtrichen finden wollte? Ver¬ zeihen Sie mir, ich muß wieder lachen, daß Sie glaubten, dieſe ſchönen Qualitäten ſeyen nur auf die Breter gebannt. Wilhelm faßte ſich, denn wirklich hatte ihn das unbändige und unzeitige Gelächter Jarno’s verdroſſen. Sie können, ſagte er, Ihren Menſchenhaß nicht ganz verbergen, wenn Sie behaupten, daß dieſe Fehler all¬ gemein ſeyen. Und es zeigt von Ihrer Unbekanntſchaft mit der Welt, wenn Sie dieſe Erſcheinun¬ gen dem Theater ſo hoch anrechnen. Wahr¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/47
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/47>, abgerufen am 24.11.2024.