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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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Das Kloster, worin mein Bruder sich be¬
fand, erscholl so gut als die übrige Gegend
von diesen Wundern, und man nahm sich
um so weniger in Acht, in seiner Gegenwart
davon zu sprechen, als er sonst auf nichts
aufzumerken pflegte, und sein Verhältnis
niemanden bekannt war. Diesmal schien er
aber mit großer Genauigkeit gehört zu ha¬
ben, er führte seine Flucht mit solcher Schlau¬
heit aus, daß niemals jemand hat begreifen
können, wie er aus dem Kloster herausge¬
kommen sey. Man erfuhr nachher, daß er
sich mit einer Anzahl Wallfahrer übersetzen
lassen, und daß er die Schiffer, die nichts
weiter Verkehrtes an ihm wahrnahmen, nur
um die größte Sorgfalt gebeten, daß das
Schiff nicht umschlagen möchte. Tief in der
Nacht kam er in jene Capelle, wo seine un¬
glückliche Geliebte von ihrem Leiden aus¬
ruhte, nur wenige Andächtige knieten in den

Das Kloſter, worin mein Bruder ſich be¬
fand, erſcholl ſo gut als die übrige Gegend
von dieſen Wundern, und man nahm ſich
um ſo weniger in Acht, in ſeiner Gegenwart
davon zu ſprechen, als er ſonſt auf nichts
aufzumerken pflegte, und ſein Verhältnis
niemanden bekannt war. Diesmal ſchien er
aber mit großer Genauigkeit gehört zu ha¬
ben, er führte ſeine Flucht mit ſolcher Schlau¬
heit aus, daß niemals jemand hat begreifen
können, wie er aus dem Kloſter herausge¬
kommen ſey. Man erfuhr nachher, daß er
ſich mit einer Anzahl Wallfahrer überſetzen
laſſen, und daß er die Schiffer, die nichts
weiter Verkehrtes an ihm wahrnahmen, nur
um die größte Sorgfalt gebeten, daß das
Schiff nicht umſchlagen möchte. Tief in der
Nacht kam er in jene Capelle, wo ſeine un¬
glückliche Geliebte von ihrem Leiden aus¬
ruhte, nur wenige Andächtige knieten in den

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[461/0465] Das Kloſter, worin mein Bruder ſich be¬ fand, erſcholl ſo gut als die übrige Gegend von dieſen Wundern, und man nahm ſich um ſo weniger in Acht, in ſeiner Gegenwart davon zu ſprechen, als er ſonſt auf nichts aufzumerken pflegte, und ſein Verhältnis niemanden bekannt war. Diesmal ſchien er aber mit großer Genauigkeit gehört zu ha¬ ben, er führte ſeine Flucht mit ſolcher Schlau¬ heit aus, daß niemals jemand hat begreifen können, wie er aus dem Kloſter herausge¬ kommen ſey. Man erfuhr nachher, daß er ſich mit einer Anzahl Wallfahrer überſetzen laſſen, und daß er die Schiffer, die nichts weiter Verkehrtes an ihm wahrnahmen, nur um die größte Sorgfalt gebeten, daß das Schiff nicht umſchlagen möchte. Tief in der Nacht kam er in jene Capelle, wo ſeine un¬ glückliche Geliebte von ihrem Leiden aus¬ ruhte, nur wenige Andächtige knieten in den

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/465>, abgerufen am 22.11.2024.