man suchte sie nicht mehr, man erwartete sie. Dort schien sie auf den Stufen auszu¬ ruhen, dann lief sie in den großen Saal, besahe die Statuen, und wenn man sie nicht besonders aufhielt, eilte sie nach Hause.
Zuletzt ward denn doch unser Hoffen ge¬ täuscht, und unsere Nachsicht bestraft. Das Kind blieb aus, man fand seinen Hut auf dem Wasser schwimmen, nicht weit von dem Orte, wo ein Gießbach sich in den See stürzt. Man vermuthete, daß es bey sei¬ nem Klettern zwischen den Felsen verun¬ glückt sey, bey allem Nachforschen konnte man den Körper nicht finden.
Durch das unvorsichtige Geschwätz ihrer Gesellschafterinnen erfuhr Sperata bald den Tod ihres Kindes, sie schien ruhig und hei¬ ter, und gab nicht undeutlich zu verstehen, sie freue sich, daß Gott das arme Geschöpf
zu
man ſuchte ſie nicht mehr, man erwartete ſie. Dort ſchien ſie auf den Stufen auszu¬ ruhen, dann lief ſie in den großen Saal, beſahe die Statuen, und wenn man ſie nicht beſonders aufhielt, eilte ſie nach Hauſe.
Zuletzt ward denn doch unſer Hoffen ge¬ täuſcht, und unſere Nachſicht beſtraft. Das Kind blieb aus, man fand ſeinen Hut auf dem Waſſer ſchwimmen, nicht weit von dem Orte, wo ein Gießbach ſich in den See ſtürzt. Man vermuthete, daß es bey ſei¬ nem Klettern zwiſchen den Felſen verun¬ glückt ſey, bey allem Nachforſchen konnte man den Körper nicht finden.
Durch das unvorſichtige Geſchwätz ihrer Geſellſchafterinnen erfuhr Sperata bald den Tod ihres Kindes, ſie ſchien ruhig und hei¬ ter, und gab nicht undeutlich zu verſtehen, ſie freue ſich, daß Gott das arme Geſchöpf
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man ſuchte ſie nicht mehr, man erwartete
ſie. Dort ſchien ſie auf den Stufen auszu¬
ruhen, dann lief ſie in den großen Saal,
beſahe die Statuen, und wenn man ſie
nicht beſonders aufhielt, eilte ſie nach Hauſe.
Zuletzt ward denn doch unſer Hoffen ge¬
täuſcht, und unſere Nachſicht beſtraft. Das
Kind blieb aus, man fand ſeinen Hut auf
dem Waſſer ſchwimmen, nicht weit von dem
Orte, wo ein Gießbach ſich in den See
ſtürzt. Man vermuthete, daß es bey ſei¬
nem Klettern zwiſchen den Felſen verun¬
glückt ſey, bey allem Nachforſchen konnte
man den Körper nicht finden.
Durch das unvorſichtige Geſchwätz ihrer
Geſellſchafterinnen erfuhr Sperata bald den
Tod ihres Kindes, ſie ſchien ruhig und hei¬
ter, und gab nicht undeutlich zu verſtehen,
ſie freue ſich, daß Gott das arme Geſchöpf
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/452>, abgerufen am 22.11.2024.
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