Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Verhältnissen herausgerissen. Ich beförderte
gern was vernünftig war, verschwieg nicht
wenn ich etwas abgeschmackt fand, und man
hatte immer von meinem unruhigen Kopf
und von meinem bösen Maule zu reden.
Das Menschenpack fürchtet sich vor nichts
mehr, als vor dem Verstande; vor der
Dummheit sollten sie sich fürchten, wenn sie
begriffen, was fürchterlich ist; aber jener ist
unbequem, und man muß ihn bey Seite
schaffen, diese ist nur verderblich, und das
kann man abwarten. Doch es mag hinge¬
hen, ich habe zu leben, und von meinem
Plane sollen Sie weiter hören. Sie sollen
Theil daran nehmen, wenn Sie mögen; aber
sagen Sie mir, wie ist es Ihnen ergangen?
ich sehe, ich fühle Ihnen an, auch Sie ha¬
ben sich verändert. Wie stehts mit Ihrer al¬
ten Grille, etwas Schönes und Gutes in
Gesellschaft von Zigeunern hervorzubringen?

Verhältniſſen herausgeriſſen. Ich beförderte
gern was vernünftig war, verſchwieg nicht
wenn ich etwas abgeſchmackt fand, und man
hatte immer von meinem unruhigen Kopf
und von meinem böſen Maule zu reden.
Das Menſchenpack fürchtet ſich vor nichts
mehr, als vor dem Verſtande; vor der
Dummheit ſollten ſie ſich fürchten, wenn ſie
begriffen, was fürchterlich iſt; aber jener iſt
unbequem, und man muß ihn bey Seite
ſchaffen, dieſe iſt nur verderblich, und das
kann man abwarten. Doch es mag hinge¬
hen, ich habe zu leben, und von meinem
Plane ſollen Sie weiter hören. Sie ſollen
Theil daran nehmen, wenn Sie mögen; aber
ſagen Sie mir, wie iſt es Ihnen ergangen?
ich ſehe, ich fühle Ihnen an, auch Sie ha¬
ben ſich verändert. Wie ſtehts mit Ihrer al¬
ten Grille, etwas Schönes und Gutes in
Geſellſchaft von Zigeunern hervorzubringen?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0044" n="40"/>
Verhältni&#x017F;&#x017F;en herausgeri&#x017F;&#x017F;en. Ich beförderte<lb/>
gern was vernünftig war, ver&#x017F;chwieg nicht<lb/>
wenn ich etwas abge&#x017F;chmackt fand, und man<lb/>
hatte immer von meinem unruhigen Kopf<lb/>
und von meinem bö&#x017F;en Maule zu reden.<lb/>
Das Men&#x017F;chenpack fürchtet &#x017F;ich vor nichts<lb/>
mehr, als vor dem Ver&#x017F;tande; vor der<lb/>
Dummheit &#x017F;ollten &#x017F;ie &#x017F;ich fürchten, wenn &#x017F;ie<lb/>
begriffen, was fürchterlich i&#x017F;t; aber jener i&#x017F;t<lb/>
unbequem, und man muß ihn bey Seite<lb/>
&#x017F;chaffen, die&#x017F;e i&#x017F;t nur verderblich, und das<lb/>
kann man abwarten. Doch es mag hinge¬<lb/>
hen, ich habe zu leben, und von meinem<lb/>
Plane &#x017F;ollen Sie weiter hören. Sie &#x017F;ollen<lb/>
Theil daran nehmen, wenn Sie mögen; aber<lb/>
&#x017F;agen Sie mir, wie i&#x017F;t es Ihnen ergangen?<lb/>
ich &#x017F;ehe, ich fühle Ihnen an, auch Sie ha¬<lb/>
ben &#x017F;ich verändert. Wie &#x017F;tehts mit Ihrer al¬<lb/>
ten Grille, etwas Schönes und Gutes in<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft von Zigeunern hervorzubringen?</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0044] Verhältniſſen herausgeriſſen. Ich beförderte gern was vernünftig war, verſchwieg nicht wenn ich etwas abgeſchmackt fand, und man hatte immer von meinem unruhigen Kopf und von meinem böſen Maule zu reden. Das Menſchenpack fürchtet ſich vor nichts mehr, als vor dem Verſtande; vor der Dummheit ſollten ſie ſich fürchten, wenn ſie begriffen, was fürchterlich iſt; aber jener iſt unbequem, und man muß ihn bey Seite ſchaffen, dieſe iſt nur verderblich, und das kann man abwarten. Doch es mag hinge¬ hen, ich habe zu leben, und von meinem Plane ſollen Sie weiter hören. Sie ſollen Theil daran nehmen, wenn Sie mögen; aber ſagen Sie mir, wie iſt es Ihnen ergangen? ich ſehe, ich fühle Ihnen an, auch Sie ha¬ ben ſich verändert. Wie ſtehts mit Ihrer al¬ ten Grille, etwas Schönes und Gutes in Geſellſchaft von Zigeunern hervorzubringen?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/44
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/44>, abgerufen am 21.11.2024.