nie zum Genuß gelangen, weil nichts auf die Weise entstand, wie er sichs gedacht hatte. Ich habe ihn in dem Augenblick, da er einem Palast bauete, einen Garten an¬ legte, ein großes neues Gut in der schön¬ sten Lage erwarb, innerlich, mit dem ernste¬ sten Ingrimm überzeugt, gesehen, das Schick¬ sal habe ihn verdammt, enthaltsam zu seyn und zu dulden. In seinem Äußerlichen be¬ obachtete er die größte Würde; wenn er scherzte, zeigte er nur die Überlegenheit sei¬ nes Verstandes, es war ihm unerträglich ge¬ tadelt zu werden, und ich habe ihn nur ein¬ mal in meinem Leben ganz außer aller Fas¬ sung gesehen, da er hörte, daß man von einer seiner Anstalten wie von etwas Lächer¬ lichem sprach. In eben diesem Geiste hatte er über seine Kinder und sein Vermögen disponirt. Mein ältester Bruder ward als ein Mann erzogen, der künftig große Güter zu
nie zum Genuß gelangen, weil nichts auf die Weiſe entſtand, wie er ſichs gedacht hatte. Ich habe ihn in dem Augenblick, da er einem Palaſt bauete, einen Garten an¬ legte, ein großes neues Gut in der ſchön¬ ſten Lage erwarb, innerlich, mit dem ernſte¬ ſten Ingrimm überzeugt, geſehen, das Schick¬ ſal habe ihn verdammt, enthaltſam zu ſeyn und zu dulden. In ſeinem Äußerlichen be¬ obachtete er die größte Würde; wenn er ſcherzte, zeigte er nur die Überlegenheit ſei¬ nes Verſtandes, es war ihm unerträglich ge¬ tadelt zu werden, und ich habe ihn nur ein¬ mal in meinem Leben ganz außer aller Faſ¬ ſung geſehen, da er hörte, daß man von einer ſeiner Anſtalten wie von etwas Lächer¬ lichem ſprach. In eben dieſem Geiſte hatte er über ſeine Kinder und ſein Vermögen diſponirt. Mein älteſter Bruder ward als ein Mann erzogen, der künftig große Güter zu
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nie zum Genuß gelangen, weil nichts auf
die Weiſe entſtand, wie er ſichs gedacht
hatte. Ich habe ihn in dem Augenblick, da
er einem Palaſt bauete, einen Garten an¬
legte, ein großes neues Gut in der ſchön¬
ſten Lage erwarb, innerlich, mit dem ernſte¬
ſten Ingrimm überzeugt, geſehen, das Schick¬
ſal habe ihn verdammt, enthaltſam zu ſeyn
und zu dulden. In ſeinem Äußerlichen be¬
obachtete er die größte Würde; wenn er
ſcherzte, zeigte er nur die Überlegenheit ſei¬
nes Verſtandes, es war ihm unerträglich ge¬
tadelt zu werden, und ich habe ihn nur ein¬
mal in meinem Leben ganz außer aller Faſ¬
ſung geſehen, da er hörte, daß man von
einer ſeiner Anſtalten wie von etwas Lächer¬
lichem ſprach. In eben dieſem Geiſte hatte
er über ſeine Kinder und ſein Vermögen
diſponirt. Mein älteſter Bruder ward als ein
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/432>, abgerufen am 22.11.2024.
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