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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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Der Markese betrachtete diese neue Er¬
scheinung ganz in der Nähe. O Gott! rief
er aus, indem er sich aufrichtete, und seine
Hände gen Himmel hob, armes Kind! un¬
glückliche Nichte! finde ich Dich hier wieder!
welche schmerzliche Freude, Dich, auf die wir
schon lange Verzicht gethan hatten, diesen
guten lieben Körper, den wir lange im See
einen Raub der Fische glaubten, hier wieder
zu finden, zwar todt, aber erhalten. Ich
wohne Deiner Bestattung bey, die so herr¬
lich durch ihr Äußeres, und noch herrlicher
durch die guten Menschen wird, die Dich zu
Deiner Ruhestätte begleiten. Und wenn ich
werde reden können, sagte er mit gebrochner
Stimme, werde ich ihnen danken.

Die Thränen verhinderten ihn, etwas
weiter hervorzubringen. Durch den Druck
einer Feder versenkte der Abbe den Körper
in die Tiefe des Marmors. Vier Jünglinge,

Der Markeſe betrachtete dieſe neue Er¬
ſcheinung ganz in der Nähe. O Gott! rief
er aus, indem er ſich aufrichtete, und ſeine
Hände gen Himmel hob, armes Kind! un¬
glückliche Nichte! finde ich Dich hier wieder!
welche ſchmerzliche Freude, Dich, auf die wir
ſchon lange Verzicht gethan hatten, dieſen
guten lieben Körper, den wir lange im See
einen Raub der Fiſche glaubten, hier wieder
zu finden, zwar todt, aber erhalten. Ich
wohne Deiner Beſtattung bey, die ſo herr¬
lich durch ihr Äußeres, und noch herrlicher
durch die guten Menſchen wird, die Dich zu
Deiner Ruheſtätte begleiten. Und wenn ich
werde reden können, ſagte er mit gebrochner
Stimme, werde ich ihnen danken.

Die Thränen verhinderten ihn, etwas
weiter hervorzubringen. Durch den Druck
einer Feder verſenkte der Abbé den Körper
in die Tiefe des Marmors. Vier Jünglinge,

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[421/0425] Der Markeſe betrachtete dieſe neue Er¬ ſcheinung ganz in der Nähe. O Gott! rief er aus, indem er ſich aufrichtete, und ſeine Hände gen Himmel hob, armes Kind! un¬ glückliche Nichte! finde ich Dich hier wieder! welche ſchmerzliche Freude, Dich, auf die wir ſchon lange Verzicht gethan hatten, dieſen guten lieben Körper, den wir lange im See einen Raub der Fiſche glaubten, hier wieder zu finden, zwar todt, aber erhalten. Ich wohne Deiner Beſtattung bey, die ſo herr¬ lich durch ihr Äußeres, und noch herrlicher durch die guten Menſchen wird, die Dich zu Deiner Ruheſtätte begleiten. Und wenn ich werde reden können, ſagte er mit gebrochner Stimme, werde ich ihnen danken. Die Thränen verhinderten ihn, etwas weiter hervorzubringen. Durch den Druck einer Feder verſenkte der Abbé den Körper in die Tiefe des Marmors. Vier Jünglinge,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/425>, abgerufen am 25.11.2024.