Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

wollen, nur gar zu deutlich, und was das
schlimmste war, man ließ sie so offenbar, so
ganz ohne Schonung sehen. Auch der Ver¬
dacht, den Lydie bey ihm erregt, alles, was
er selbst erfahren hatte, wurde wieder aufs
neue vor seiner Seele lebendig, und die na¬
türliche Art, wie Jarno ihm alles ausgelegt
hatte, schien ihm auch nur eine künstliche
Darstellung zu seyn

Er nahm sich zusammen und antwortete:
Dieser Antrag verdient allerdings eine reif¬
liche Überlegung.

Eine geschwinde Entschließung möchte nö¬
thig seyn, versetzte der Abbe.

Dazu bin ich jetzt nicht gefaßt, antwor¬
tete Wilhelm. Wir können die Ankunft des
Mannes abwarten, und dann sehen, ob wir
zusammen passen. Eine Hauptbedingung aber
muß man zum voraus eingehen, daß ich
meinen Felix mitnehmen, und ihn überall
mit hinführen darf.

wollen, nur gar zu deutlich, und was das
ſchlimmſte war, man ließ ſie ſo offenbar, ſo
ganz ohne Schonung ſehen. Auch der Ver¬
dacht, den Lydie bey ihm erregt, alles, was
er ſelbſt erfahren hatte, wurde wieder aufs
neue vor ſeiner Seele lebendig, und die na¬
türliche Art, wie Jarno ihm alles ausgelegt
hatte, ſchien ihm auch nur eine künſtliche
Darſtellung zu ſeyn

Er nahm ſich zuſammen und antwortete:
Dieſer Antrag verdient allerdings eine reif¬
liche Überlegung.

Eine geſchwinde Entſchließung möchte nö¬
thig ſeyn, verſetzte der Abbé.

Dazu bin ich jetzt nicht gefaßt, antwor¬
tete Wilhelm. Wir können die Ankunft des
Mannes abwarten, und dann ſehen, ob wir
zuſammen paſſen. Eine Hauptbedingung aber
muß man zum voraus eingehen, daß ich
meinen Felix mitnehmen, und ihn überall
mit hinführen darf.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0398" n="394"/>
wollen, nur gar zu deutlich, und was das<lb/>
&#x017F;chlimm&#x017F;te war, man ließ &#x017F;ie &#x017F;o offenbar, &#x017F;o<lb/>
ganz ohne Schonung &#x017F;ehen. Auch der Ver¬<lb/>
dacht, den Lydie bey ihm erregt, alles, was<lb/>
er &#x017F;elb&#x017F;t erfahren hatte, wurde wieder aufs<lb/>
neue vor &#x017F;einer Seele lebendig, und die na¬<lb/>
türliche Art, wie Jarno ihm alles ausgelegt<lb/>
hatte, &#x017F;chien ihm auch nur eine kün&#x017F;tliche<lb/>
Dar&#x017F;tellung zu &#x017F;eyn</p><lb/>
            <p>Er nahm &#x017F;ich zu&#x017F;ammen und antwortete:<lb/>
Die&#x017F;er Antrag verdient allerdings eine reif¬<lb/>
liche Überlegung.</p><lb/>
            <p>Eine ge&#x017F;chwinde Ent&#x017F;chließung möchte nö¬<lb/>
thig &#x017F;eyn, ver&#x017F;etzte der Abbé.</p><lb/>
            <p>Dazu bin ich jetzt nicht gefaßt, antwor¬<lb/>
tete Wilhelm. Wir können die Ankunft des<lb/>
Mannes abwarten, und dann &#x017F;ehen, ob wir<lb/>
zu&#x017F;ammen pa&#x017F;&#x017F;en. Eine Hauptbedingung aber<lb/>
muß man zum voraus eingehen, daß ich<lb/>
meinen Felix mitnehmen, und ihn überall<lb/>
mit hinführen darf.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[394/0398] wollen, nur gar zu deutlich, und was das ſchlimmſte war, man ließ ſie ſo offenbar, ſo ganz ohne Schonung ſehen. Auch der Ver¬ dacht, den Lydie bey ihm erregt, alles, was er ſelbſt erfahren hatte, wurde wieder aufs neue vor ſeiner Seele lebendig, und die na¬ türliche Art, wie Jarno ihm alles ausgelegt hatte, ſchien ihm auch nur eine künſtliche Darſtellung zu ſeyn Er nahm ſich zuſammen und antwortete: Dieſer Antrag verdient allerdings eine reif¬ liche Überlegung. Eine geſchwinde Entſchließung möchte nö¬ thig ſeyn, verſetzte der Abbé. Dazu bin ich jetzt nicht gefaßt, antwor¬ tete Wilhelm. Wir können die Ankunft des Mannes abwarten, und dann ſehen, ob wir zuſammen paſſen. Eine Hauptbedingung aber muß man zum voraus eingehen, daß ich meinen Felix mitnehmen, und ihn überall mit hinführen darf.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/398
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/398>, abgerufen am 25.11.2024.