wollen, nur gar zu deutlich, und was das schlimmste war, man ließ sie so offenbar, so ganz ohne Schonung sehen. Auch der Ver¬ dacht, den Lydie bey ihm erregt, alles, was er selbst erfahren hatte, wurde wieder aufs neue vor seiner Seele lebendig, und die na¬ türliche Art, wie Jarno ihm alles ausgelegt hatte, schien ihm auch nur eine künstliche Darstellung zu seyn
Er nahm sich zusammen und antwortete: Dieser Antrag verdient allerdings eine reif¬ liche Überlegung.
Eine geschwinde Entschließung möchte nö¬ thig seyn, versetzte der Abbe.
Dazu bin ich jetzt nicht gefaßt, antwor¬ tete Wilhelm. Wir können die Ankunft des Mannes abwarten, und dann sehen, ob wir zusammen passen. Eine Hauptbedingung aber muß man zum voraus eingehen, daß ich meinen Felix mitnehmen, und ihn überall mit hinführen darf.
wollen, nur gar zu deutlich, und was das ſchlimmſte war, man ließ ſie ſo offenbar, ſo ganz ohne Schonung ſehen. Auch der Ver¬ dacht, den Lydie bey ihm erregt, alles, was er ſelbſt erfahren hatte, wurde wieder aufs neue vor ſeiner Seele lebendig, und die na¬ türliche Art, wie Jarno ihm alles ausgelegt hatte, ſchien ihm auch nur eine künſtliche Darſtellung zu ſeyn
Er nahm ſich zuſammen und antwortete: Dieſer Antrag verdient allerdings eine reif¬ liche Überlegung.
Eine geſchwinde Entſchließung möchte nö¬ thig ſeyn, verſetzte der Abbé.
Dazu bin ich jetzt nicht gefaßt, antwor¬ tete Wilhelm. Wir können die Ankunft des Mannes abwarten, und dann ſehen, ob wir zuſammen paſſen. Eine Hauptbedingung aber muß man zum voraus eingehen, daß ich meinen Felix mitnehmen, und ihn überall mit hinführen darf.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0398"n="394"/>
wollen, nur gar zu deutlich, und was das<lb/>ſchlimmſte war, man ließ ſie ſo offenbar, ſo<lb/>
ganz ohne Schonung ſehen. Auch der Ver¬<lb/>
dacht, den Lydie bey ihm erregt, alles, was<lb/>
er ſelbſt erfahren hatte, wurde wieder aufs<lb/>
neue vor ſeiner Seele lebendig, und die na¬<lb/>
türliche Art, wie Jarno ihm alles ausgelegt<lb/>
hatte, ſchien ihm auch nur eine künſtliche<lb/>
Darſtellung zu ſeyn</p><lb/><p>Er nahm ſich zuſammen und antwortete:<lb/>
Dieſer Antrag verdient allerdings eine reif¬<lb/>
liche Überlegung.</p><lb/><p>Eine geſchwinde Entſchließung möchte nö¬<lb/>
thig ſeyn, verſetzte der Abbé.</p><lb/><p>Dazu bin ich jetzt nicht gefaßt, antwor¬<lb/>
tete Wilhelm. Wir können die Ankunft des<lb/>
Mannes abwarten, und dann ſehen, ob wir<lb/>
zuſammen paſſen. Eine Hauptbedingung aber<lb/>
muß man zum voraus eingehen, daß ich<lb/>
meinen Felix mitnehmen, und ihn überall<lb/>
mit hinführen darf.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[394/0398]
wollen, nur gar zu deutlich, und was das
ſchlimmſte war, man ließ ſie ſo offenbar, ſo
ganz ohne Schonung ſehen. Auch der Ver¬
dacht, den Lydie bey ihm erregt, alles, was
er ſelbſt erfahren hatte, wurde wieder aufs
neue vor ſeiner Seele lebendig, und die na¬
türliche Art, wie Jarno ihm alles ausgelegt
hatte, ſchien ihm auch nur eine künſtliche
Darſtellung zu ſeyn
Er nahm ſich zuſammen und antwortete:
Dieſer Antrag verdient allerdings eine reif¬
liche Überlegung.
Eine geſchwinde Entſchließung möchte nö¬
thig ſeyn, verſetzte der Abbé.
Dazu bin ich jetzt nicht gefaßt, antwor¬
tete Wilhelm. Wir können die Ankunft des
Mannes abwarten, und dann ſehen, ob wir
zuſammen paſſen. Eine Hauptbedingung aber
muß man zum voraus eingehen, daß ich
meinen Felix mitnehmen, und ihn überall
mit hinführen darf.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/398>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.