lich, weniger erstaunt wär ich gewesen, die berühmten Pyramiden, die doch in Ägypten so fest stehen, oder das Grab des Königs Mausolus, das, wie man mir versichert hat, gar nicht mehr existirt, hier in dem Garten meines Oheims zu finden, als Euch meinen alten Freund und vielfachen Wohlthäter. Seyd mir besonders und schönstens gegrüßt.
Nachdem er rings herum alles bewill¬ kommt und geküßt hatte, sprang er wieder auf Wilhelmen los, und rief: Haltet mir ihn ja warm diesen Helden, Heerführer und dramatischen Philosophen. Ich habe ihn bey unsrer ersten Bekanntschaft schlecht, ja, ich darf wohl sagen, mit der Hechel frisirt, und er hat mir doch nachher eine tüchtige Tracht Schläge erspart. Er ist großmüthig wie Scipio, freygebig wie Alexander, gelegent¬ lich auch verliebt, doch ohne seine Neben¬ buhler zu hassen. Nicht etwa, daß er seinen
lich, weniger erſtaunt wär ich geweſen, die berühmten Pyramiden, die doch in Ägypten ſo feſt ſtehen, oder das Grab des Königs Mauſolus, das, wie man mir verſichert hat, gar nicht mehr exiſtirt, hier in dem Garten meines Oheims zu finden, als Euch meinen alten Freund und vielfachen Wohlthäter. Seyd mir beſonders und ſchönſtens gegrüßt.
Nachdem er rings herum alles bewill¬ kommt und geküßt hatte, ſprang er wieder auf Wilhelmen los, und rief: Haltet mir ihn ja warm dieſen Helden, Heerführer und dramatiſchen Philoſophen. Ich habe ihn bey unſrer erſten Bekanntſchaft ſchlecht, ja, ich darf wohl ſagen, mit der Hechel friſirt, und er hat mir doch nachher eine tüchtige Tracht Schläge erſpart. Er iſt großmüthig wie Scipio, freygebig wie Alexander, gelegent¬ lich auch verliebt, doch ohne ſeine Neben¬ buhler zu haſſen. Nicht etwa, daß er ſeinen
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berühmten Pyramiden, die doch in Ägypten
ſo feſt ſtehen, oder das Grab des Königs
Mauſolus, das, wie man mir verſichert hat,
gar nicht mehr exiſtirt, hier in dem Garten
meines Oheims zu finden, als Euch meinen
alten Freund und vielfachen Wohlthäter.
Seyd mir beſonders und ſchönſtens gegrüßt.
Nachdem er rings herum alles bewill¬
kommt und geküßt hatte, ſprang er wieder
auf Wilhelmen los, und rief: Haltet mir
ihn ja warm dieſen Helden, Heerführer und
dramatiſchen Philoſophen. Ich habe ihn bey
unſrer erſten Bekanntſchaft ſchlecht, ja, ich
darf wohl ſagen, mit der Hechel friſirt, und
er hat mir doch nachher eine tüchtige Tracht
Schläge erſpart. Er iſt großmüthig wie
Scipio, freygebig wie Alexander, gelegent¬
lich auch verliebt, doch ohne ſeine Neben¬
buhler zu haſſen. Nicht etwa, daß er ſeinen
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/368>, abgerufen am 25.11.2024.
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