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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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weiß, in die ich aber niemals einzudringen
gedachte, wenigstens einigen Argwohn ein¬
geflößt, und bey diesem entscheidenden Schritt
ihres Lebens wollte sie niemand als mir ei¬
nigen Einfluß verstatten. Mit meinem Bru¬
der war sie schon früher überein gekommen,
daß sie sich wechselsweise ihre Heirath nur
melden, sich darüber nicht zu Rathe ziehen
wollten.

Natalie schrieb nun einen Brief an ihren
Bruder, sie lud Wilhelmen ein einige Worte
dazu zu setzen, Therese hatte sie darum ge¬
beten. Man wollte eben siegeln, als Jarno
sich unvermuthet anmelden ließ. Aufs freund¬
lichste ward er empfangen, auch schien er
sehr munter und scherzhaft, und konnte end¬
lich nicht unterlassen zu sagen: eigentlich
komme ich hieher, um Ihnen eine sehr wun¬
derbare, doch angenehme Nachricht zu brin¬
gen; sie betrifft unsere Therese. Sie haben

W. Meisters Lehrj. 4. U

weiß, in die ich aber niemals einzudringen
gedachte, wenigſtens einigen Argwohn ein¬
geflößt, und bey dieſem entſcheidenden Schritt
ihres Lebens wollte ſie niemand als mir ei¬
nigen Einfluß verſtatten. Mit meinem Bru¬
der war ſie ſchon früher überein gekommen,
daß ſie ſich wechſelsweiſe ihre Heirath nur
melden, ſich darüber nicht zu Rathe ziehen
wollten.

Natalie ſchrieb nun einen Brief an ihren
Bruder, ſie lud Wilhelmen ein einige Worte
dazu zu ſetzen, Thereſe hatte ſie darum ge¬
beten. Man wollte eben ſiegeln, als Jarno
ſich unvermuthet anmelden ließ. Aufs freund¬
lichſte ward er empfangen, auch ſchien er
ſehr munter und ſcherzhaft, und konnte end¬
lich nicht unterlaſſen zu ſagen: eigentlich
komme ich hieher, um Ihnen eine ſehr wun¬
derbare, doch angenehme Nachricht zu brin¬
gen; ſie betrifft unſere Thereſe. Sie haben

W. Meiſters Lehrj. 4. U
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[305/0309] weiß, in die ich aber niemals einzudringen gedachte, wenigſtens einigen Argwohn ein¬ geflößt, und bey dieſem entſcheidenden Schritt ihres Lebens wollte ſie niemand als mir ei¬ nigen Einfluß verſtatten. Mit meinem Bru¬ der war ſie ſchon früher überein gekommen, daß ſie ſich wechſelsweiſe ihre Heirath nur melden, ſich darüber nicht zu Rathe ziehen wollten. Natalie ſchrieb nun einen Brief an ihren Bruder, ſie lud Wilhelmen ein einige Worte dazu zu ſetzen, Thereſe hatte ſie darum ge¬ beten. Man wollte eben ſiegeln, als Jarno ſich unvermuthet anmelden ließ. Aufs freund¬ lichſte ward er empfangen, auch ſchien er ſehr munter und ſcherzhaft, und konnte end¬ lich nicht unterlaſſen zu ſagen: eigentlich komme ich hieher, um Ihnen eine ſehr wun¬ derbare, doch angenehme Nachricht zu brin¬ gen; ſie betrifft unſere Thereſe. Sie haben W. Meiſters Lehrj. 4. U

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/309>, abgerufen am 22.11.2024.