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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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Die Ruhe, womit Mignon ihren Freund
empfangen hatte, versetzte die Gesellschaft
in große Zufriedenheit. Der Arzt verlangte,
daß Wilhelm sie öfters sehen, und daß man
sie sowohl körperlich als geistig im Gleichge¬
wicht erhalten sollte. Er selbst entfernte
sich, und versprach in kurzer Zeit wieder zu
kommen.

Wilhelm konnte nun Natalien in ihrem
Kreise beobachten, man hätte sich nichts bes¬
seres gewünscht, als neben ihr zu leben, ihre
Gegenwart hatte den reinsten Einfluß auf
junge Mädchen und Frauenzimmer von ver¬
schiedenem Alter, die theils in ihrem Hause
wohnten, theils aus der Nachbarschaft sie
mehr oder weniger zu besuchen kamen.

Der Gang Ihres Lebens, sagte Wilhelm
einmal zu ihr, ist wohl immer sehr gleich
gewesen? denn die Schilderung, die Ihre
Tante von Ihnen als Kind macht, scheint,

Die Ruhe, womit Mignon ihren Freund
empfangen hatte, verſetzte die Geſellſchaft
in große Zufriedenheit. Der Arzt verlangte,
daß Wilhelm ſie öfters ſehen, und daß man
ſie ſowohl körperlich als geiſtig im Gleichge¬
wicht erhalten ſollte. Er ſelbſt entfernte
ſich, und verſprach in kurzer Zeit wieder zu
kommen.

Wilhelm konnte nun Natalien in ihrem
Kreiſe beobachten, man hätte ſich nichts beſ¬
ſeres gewünſcht, als neben ihr zu leben, ihre
Gegenwart hatte den reinſten Einfluß auf
junge Mädchen und Frauenzimmer von ver¬
ſchiedenem Alter, die theils in ihrem Hauſe
wohnten, theils aus der Nachbarſchaft ſie
mehr oder weniger zu beſuchen kamen.

Der Gang Ihres Lebens, ſagte Wilhelm
einmal zu ihr, iſt wohl immer ſehr gleich
geweſen? denn die Schilderung, die Ihre
Tante von Ihnen als Kind macht, ſcheint,

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[286/0290] Die Ruhe, womit Mignon ihren Freund empfangen hatte, verſetzte die Geſellſchaft in große Zufriedenheit. Der Arzt verlangte, daß Wilhelm ſie öfters ſehen, und daß man ſie ſowohl körperlich als geiſtig im Gleichge¬ wicht erhalten ſollte. Er ſelbſt entfernte ſich, und verſprach in kurzer Zeit wieder zu kommen. Wilhelm konnte nun Natalien in ihrem Kreiſe beobachten, man hätte ſich nichts beſ¬ ſeres gewünſcht, als neben ihr zu leben, ihre Gegenwart hatte den reinſten Einfluß auf junge Mädchen und Frauenzimmer von ver¬ ſchiedenem Alter, die theils in ihrem Hauſe wohnten, theils aus der Nachbarſchaft ſie mehr oder weniger zu beſuchen kamen. Der Gang Ihres Lebens, ſagte Wilhelm einmal zu ihr, iſt wohl immer ſehr gleich geweſen? denn die Schilderung, die Ihre Tante von Ihnen als Kind macht, ſcheint,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/290>, abgerufen am 22.11.2024.