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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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aber für sich behielt, da sie Aurelien die
Sorge für des Kindes Erziehung aufgeschwatzt
hatte. Aber leider dauerte dieser heimliche
Erwerb nicht lange. Norberg hatte durch
ein wildes Leben den größten Theil seines
Vermögens verzehrt, und wiederholte Lie¬
besgeschichten sein Herz gegen seinen ersten,
eingebildeten Sohn verhärtet.

So wahrscheinlich das alles lautete, und
so schön es zusammentraf, traute Wilhelm
doch noch nicht, sich der Freude zu überlas¬
sen, er schien sich vor einem Geschenke zu
fürchten, das ihm ein böser Genius dar¬
reichte.

Ihre Zweifelsucht, sagte die Alte, die
seine Gemüthsstimmung errieth, kann nur
die Zeit heilen. Sehen Sie das Kind als ein
fremdes an, und geben Sie desto genauer
auf ihn acht, bemerken Sie seine Gaben,
seine Natur, seine Fähigkeiten, und wenn

aber für ſich behielt, da ſie Aurelien die
Sorge für des Kindes Erziehung aufgeſchwatzt
hatte. Aber leider dauerte dieſer heimliche
Erwerb nicht lange. Norberg hatte durch
ein wildes Leben den größten Theil ſeines
Vermögens verzehrt, und wiederholte Lie¬
besgeſchichten ſein Herz gegen ſeinen erſten,
eingebildeten Sohn verhärtet.

So wahrſcheinlich das alles lautete, und
ſo ſchön es zuſammentraf, traute Wilhelm
doch noch nicht, ſich der Freude zu überlaſ¬
ſen, er ſchien ſich vor einem Geſchenke zu
fürchten, das ihm ein böſer Genius dar¬
reichte.

Ihre Zweifelſucht, ſagte die Alte, die
ſeine Gemüthsſtimmung errieth, kann nur
die Zeit heilen. Sehen Sie das Kind als ein
fremdes an, und geben Sie deſto genauer
auf ihn acht, bemerken Sie ſeine Gaben,
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[184/0188] aber für ſich behielt, da ſie Aurelien die Sorge für des Kindes Erziehung aufgeſchwatzt hatte. Aber leider dauerte dieſer heimliche Erwerb nicht lange. Norberg hatte durch ein wildes Leben den größten Theil ſeines Vermögens verzehrt, und wiederholte Lie¬ besgeſchichten ſein Herz gegen ſeinen erſten, eingebildeten Sohn verhärtet. So wahrſcheinlich das alles lautete, und ſo ſchön es zuſammentraf, traute Wilhelm doch noch nicht, ſich der Freude zu überlaſ¬ ſen, er ſchien ſich vor einem Geſchenke zu fürchten, das ihm ein böſer Genius dar¬ reichte. Ihre Zweifelſucht, ſagte die Alte, die ſeine Gemüthsſtimmung errieth, kann nur die Zeit heilen. Sehen Sie das Kind als ein fremdes an, und geben Sie deſto genauer auf ihn acht, bemerken Sie ſeine Gaben, ſeine Natur, ſeine Fähigkeiten, und wenn

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/188>, abgerufen am 23.11.2024.