sobald der Leseprobe ihr Recht wiederfahren sey: denn gewöhnlich, sagte er, ist nichts lu¬ stiger, als wenn Schauspieler von Studieren sprechen; es kommt mir eben so vor, als wenn die Freymäurer von Arbeiten reden.
Die Probe lief nach Wunsch ab, und man kann sagen, daß der Ruhm und die gute Einnahme der Gesellschaft sich auf diese wenigen wohlangewandten Stunden grün¬ dete.
Sie haben wohl gethan, mein Freund, sagte Serlo, nachdem sie wieder allein wa¬ ren, daß Sie unsern Mitarbeitern so ernst¬ lich zusprachen, wenn ich gleich fürchte, daß sie Ihre Wünsche schwerlich erfüllen werden.
Wie so? versetzte Wilhelm.
Ich habe gefunden, sagte Serlo, daß so leicht man der Menschen Imagination in Bewegung setzen kann, so gern sie sich Mährchen erzählen lassen, eben so selten ist
ſobald der Leſeprobe ihr Recht wiederfahren ſey: denn gewöhnlich, ſagte er, iſt nichts lu¬ ſtiger, als wenn Schauſpieler von Studieren ſprechen; es kommt mir eben ſo vor, als wenn die Freymäurer von Arbeiten reden.
Die Probe lief nach Wunſch ab, und man kann ſagen, daß der Ruhm und die gute Einnahme der Geſellſchaft ſich auf dieſe wenigen wohlangewandten Stunden grün¬ dete.
Sie haben wohl gethan, mein Freund, ſagte Serlo, nachdem ſie wieder allein wa¬ ren, daß Sie unſern Mitarbeitern ſo ernſt¬ lich zuſprachen, wenn ich gleich fürchte, daß ſie Ihre Wünſche ſchwerlich erfüllen werden.
Wie ſo? verſetzte Wilhelm.
Ich habe gefunden, ſagte Serlo, daß ſo leicht man der Menſchen Imagination in Bewegung ſetzen kann, ſo gern ſie ſich Mährchen erzählen laſſen, eben ſo ſelten iſt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0085"n="79"/>ſobald der Leſeprobe ihr Recht wiederfahren<lb/>ſey: denn gewöhnlich, ſagte er, iſt nichts lu¬<lb/>ſtiger, als wenn Schauſpieler von Studieren<lb/>ſprechen; es kommt mir eben ſo vor, als<lb/>
wenn die Freymäurer von Arbeiten reden.</p><lb/><p>Die Probe lief nach Wunſch ab, und<lb/>
man kann ſagen, daß der Ruhm und die<lb/>
gute Einnahme der Geſellſchaft ſich auf dieſe<lb/>
wenigen wohlangewandten Stunden grün¬<lb/>
dete.</p><lb/><p>Sie haben wohl gethan, mein Freund,<lb/>ſagte Serlo, nachdem ſie wieder allein wa¬<lb/>
ren, daß Sie unſern Mitarbeitern ſo ernſt¬<lb/>
lich zuſprachen, wenn ich gleich fürchte, daß<lb/>ſie Ihre Wünſche ſchwerlich erfüllen werden.<lb/></p><p>Wie ſo? verſetzte Wilhelm.<lb/></p><p>Ich habe gefunden, ſagte Serlo, daß ſo<lb/>
leicht man der Menſchen Imagination in<lb/>
Bewegung ſetzen kann, ſo gern ſie ſich<lb/>
Mährchen erzählen laſſen, eben ſo ſelten iſt<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[79/0085]
ſobald der Leſeprobe ihr Recht wiederfahren
ſey: denn gewöhnlich, ſagte er, iſt nichts lu¬
ſtiger, als wenn Schauſpieler von Studieren
ſprechen; es kommt mir eben ſo vor, als
wenn die Freymäurer von Arbeiten reden.
Die Probe lief nach Wunſch ab, und
man kann ſagen, daß der Ruhm und die
gute Einnahme der Geſellſchaft ſich auf dieſe
wenigen wohlangewandten Stunden grün¬
dete.
Sie haben wohl gethan, mein Freund,
ſagte Serlo, nachdem ſie wieder allein wa¬
ren, daß Sie unſern Mitarbeitern ſo ernſt¬
lich zuſprachen, wenn ich gleich fürchte, daß
ſie Ihre Wünſche ſchwerlich erfüllen werden.
Wie ſo? verſetzte Wilhelm.
Ich habe gefunden, ſagte Serlo, daß ſo
leicht man der Menſchen Imagination in
Bewegung ſetzen kann, ſo gern ſie ſich
Mährchen erzählen laſſen, eben ſo ſelten iſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/85>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.