Daß ich immer vorwärts, nie rückwärts gehe, daß meine Handlungen immer mehr der Idee ähnlich werden, die ich mir von der Vollkommenheit gemacht habe, daß ich täg¬ lich mehr Leichtigkeit fühle das zu thun, was ich für Recht halte, selbst bey der Schwäche meines Körpers, der mir so manchen Dienst versagt; läßt sich das alles aus der mensch¬ lichen Natur, deren Verderben ich so tief eingesehen habe, erklären? Für mich nun einmal nicht.
Ich erinnere mich kaum eines Gebotes, nichts erscheint mir in Gestalt eines Gesetzes, es ist ein Trieb der mich leitet und mich im¬ mer recht führet; ich folge mit Freiheit mei¬ nen Gesinnungen, und weiß so wenig von Einschränkung, als von Reue. Gott sey Dank, daß ich erkenne wem ich dieses Glück schuldig bin und daß ich an diese Vorzüge nur mit Demuth denken darf. Denn niemals
Daß ich immer vorwärts, nie rückwärts gehe, daß meine Handlungen immer mehr der Idee ähnlich werden, die ich mir von der Vollkommenheit gemacht habe, daß ich täg¬ lich mehr Leichtigkeit fühle das zu thun, was ich für Recht halte, ſelbſt bey der Schwäche meines Körpers, der mir ſo manchen Dienſt verſagt; läßt ſich das alles aus der menſch¬ lichen Natur, deren Verderben ich ſo tief eingeſehen habe, erklären? Für mich nun einmal nicht.
Ich erinnere mich kaum eines Gebotes, nichts erſcheint mir in Geſtalt eines Geſetzes, es iſt ein Trieb der mich leitet und mich im¬ mer recht führet; ich folge mit Freiheit mei¬ nen Geſinnungen, und weiß ſo wenig von Einſchränkung, als von Reue. Gott ſey Dank, daß ich erkenne wem ich dieſes Glück ſchuldig bin und daß ich an dieſe Vorzüge nur mit Demuth denken darf. Denn niemals
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Daß ich immer vorwärts, nie rückwärts
gehe, daß meine Handlungen immer mehr
der Idee ähnlich werden, die ich mir von der
Vollkommenheit gemacht habe, daß ich täg¬
lich mehr Leichtigkeit fühle das zu thun, was
ich für Recht halte, ſelbſt bey der Schwäche
meines Körpers, der mir ſo manchen Dienſt
verſagt; läßt ſich das alles aus der menſch¬
lichen Natur, deren Verderben ich ſo tief
eingeſehen habe, erklären? Für mich nun
einmal nicht.
Ich erinnere mich kaum eines Gebotes,
nichts erſcheint mir in Geſtalt eines Geſetzes,
es iſt ein Trieb der mich leitet und mich im¬
mer recht führet; ich folge mit Freiheit mei¬
nen Geſinnungen, und weiß ſo wenig von
Einſchränkung, als von Reue. Gott ſey
Dank, daß ich erkenne wem ich dieſes Glück
ſchuldig bin und daß ich an dieſe Vorzüge
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/376>, abgerufen am 22.12.2024.
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