Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.nicht alles nach seinem Sinne ging. Sein S 2
nicht alles nach ſeinem Sinne ging. Sein S 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0281" n="275"/> nicht alles nach ſeinem Sinne ging. Sein<lb/> Verſtand war richtig und ſein Charakter<lb/> ſtreng, und er war darin meinem Vater ſehr<lb/> ähnlich; nur hatte dieſer dabey einen gewiſ¬<lb/> ſen Grad von Weichheit, wodurch ihm leich¬<lb/> ter ward in Geſchäften nachzugeben und et¬<lb/> was gegen ſeine Überzeugung nicht zu thun,<lb/> aber geſchehen zu laſſen, und den Unwillen<lb/> darüber alsdann entweder in der Stille für<lb/> ſich oder vertraulich mit ſeiner Familie zu<lb/> verkochen. Mein Oheim war um vieles jün¬<lb/> ger, und ſeine Selbſtſtändigkeit ward durch<lb/> ſeine äußern Umſtände nicht wenig beſtätigt.<lb/> Er hatte eine ſehr reiche Mutter gehabt,<lb/> und hatte von ihren nahen und fernen Ver¬<lb/> wandten noch ein großes Vermögen zu hof¬<lb/> fen; er bedurfte keines fremden Zuſchuſſes,<lb/> anſtatt daß mein Vater bey ſeinem mäßigen<lb/> Vermögen durch Beſoldung an den Dienſt<lb/> feſt geknüpft war.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">S 2<lb/></fw> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [275/0281]
nicht alles nach ſeinem Sinne ging. Sein
Verſtand war richtig und ſein Charakter
ſtreng, und er war darin meinem Vater ſehr
ähnlich; nur hatte dieſer dabey einen gewiſ¬
ſen Grad von Weichheit, wodurch ihm leich¬
ter ward in Geſchäften nachzugeben und et¬
was gegen ſeine Überzeugung nicht zu thun,
aber geſchehen zu laſſen, und den Unwillen
darüber alsdann entweder in der Stille für
ſich oder vertraulich mit ſeiner Familie zu
verkochen. Mein Oheim war um vieles jün¬
ger, und ſeine Selbſtſtändigkeit ward durch
ſeine äußern Umſtände nicht wenig beſtätigt.
Er hatte eine ſehr reiche Mutter gehabt,
und hatte von ihren nahen und fernen Ver¬
wandten noch ein großes Vermögen zu hof¬
fen; er bedurfte keines fremden Zuſchuſſes,
anſtatt daß mein Vater bey ſeinem mäßigen
Vermögen durch Beſoldung an den Dienſt
feſt geknüpft war.
S 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/281 |
Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/281>, abgerufen am 04.07.2024. |