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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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er nur einigermaßen aus der Mode kömmt.
Es ist mir nichts unerträglicher, als so ein
alter Kram von Besitzthum. Wenn man
mir den kostbarsten Edelstein schenken woll¬
te, mit der Bedingung ihn täglich am Fin¬
ger zu tragen, ich würde ihn nicht anneh¬
men; denn wie läßt sich bei einem todten
Capital nur irgend eine Freude denken?
Das ist also mein lustiges Glaubensbekennt¬
niß: seine Geschäfte verrichtet, Geld geschaft,
sich mit den Seinigen lustig gemacht und
um die übrige Welt sich nicht mehr beküm¬
mert, als in so fern man sie nutzen kann.

Nun wirst du aber sagen: wie ist denn
in eurem saubern Plane an mich gedacht?
Wo soll ich unterkommen, wenn ihr mir das
väterliche Haus verkauft, und in dem euri¬
gen nicht der mindeste Raum übrig bleibt?

Das ist freylich der Hauptpunkt, Brüder¬
chen, und auf den werde ich dir gleich die¬

er nur einigermaßen aus der Mode kömmt.
Es iſt mir nichts unerträglicher, als ſo ein
alter Kram von Beſitzthum. Wenn man
mir den koſtbarſten Edelſtein ſchenken woll¬
te, mit der Bedingung ihn täglich am Fin¬
ger zu tragen, ich würde ihn nicht anneh¬
men; denn wie läßt ſich bei einem todten
Capital nur irgend eine Freude denken?
Das iſt alſo mein luſtiges Glaubensbekennt¬
niß: ſeine Geſchäfte verrichtet, Geld geſchaft,
ſich mit den Seinigen luſtig gemacht und
um die übrige Welt ſich nicht mehr beküm¬
mert, als in ſo fern man ſie nutzen kann.

Nun wirſt du aber ſagen: wie iſt denn
in eurem ſaubern Plane an mich gedacht?
Wo ſoll ich unterkommen, wenn ihr mir das
väterliche Haus verkauft, und in dem euri¬
gen nicht der mindeſte Raum übrig bleibt?

Das iſt freylich der Hauptpunkt, Brüder¬
chen, und auf den werde ich dir gleich die¬

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[22/0028] er nur einigermaßen aus der Mode kömmt. Es iſt mir nichts unerträglicher, als ſo ein alter Kram von Beſitzthum. Wenn man mir den koſtbarſten Edelſtein ſchenken woll¬ te, mit der Bedingung ihn täglich am Fin¬ ger zu tragen, ich würde ihn nicht anneh¬ men; denn wie läßt ſich bei einem todten Capital nur irgend eine Freude denken? Das iſt alſo mein luſtiges Glaubensbekennt¬ niß: ſeine Geſchäfte verrichtet, Geld geſchaft, ſich mit den Seinigen luſtig gemacht und um die übrige Welt ſich nicht mehr beküm¬ mert, als in ſo fern man ſie nutzen kann. Nun wirſt du aber ſagen: wie iſt denn in eurem ſaubern Plane an mich gedacht? Wo ſoll ich unterkommen, wenn ihr mir das väterliche Haus verkauft, und in dem euri¬ gen nicht der mindeſte Raum übrig bleibt? Das iſt freylich der Hauptpunkt, Brüder¬ chen, und auf den werde ich dir gleich die¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/28>, abgerufen am 25.11.2024.