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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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nah unmögliche Stellungen uns auf alten
Monumenten noch oft in Erstaunen setzen.

Durch das Talent der Kinder und ihren
Lärm aufgereizt, suchte jedermann zur Un¬
terhaltung der Gesellschaft etwas beyzutra¬
gen. Die Frauenzimmer sangen einige Ka¬
nons, Laertes ließ eine Nachtigall hören,
und der Pedant gab ein Concert pianissimo
auf der Maultrommel. Indessen spielten
die Nachbarn und Nachbarinnen allerley
Spiele, wobey sich die Hände begegnen und
vermischen, und es fehlte manchem Paare
nicht am Ausdruck einer hoffnungsvollen
Zärtlichkeit. Madam Melina besonders
schien eine lebhafte Neigung zu Wilhelmen
nicht zu verhehlen. Es war spät in der
Nacht, und Aurelie, die fast allein noch
Herrschaft über sich behalten hatte, ermahn¬
te die übrigen, indem sie aufstand, auseinan¬
der zu gehen.

nah unmögliche Stellungen uns auf alten
Monumenten noch oft in Erſtaunen ſetzen.

Durch das Talent der Kinder und ihren
Lärm aufgereizt, ſuchte jedermann zur Un¬
terhaltung der Geſellſchaft etwas beyzutra¬
gen. Die Frauenzimmer ſangen einige Ka¬
nons, Laertes ließ eine Nachtigall hören,
und der Pedant gab ein Concert pianiſſimo
auf der Maultrommel. Indeſſen ſpielten
die Nachbarn und Nachbarinnen allerley
Spiele, wobey ſich die Hände begegnen und
vermiſchen, und es fehlte manchem Paare
nicht am Ausdruck einer hoffnungsvollen
Zärtlichkeit. Madam Melina beſonders
ſchien eine lebhafte Neigung zu Wilhelmen
nicht zu verhehlen. Es war ſpät in der
Nacht, und Aurelie, die faſt allein noch
Herrſchaft über ſich behalten hatte, ermahn¬
te die übrigen, indem ſie aufſtand, auseinan¬
der zu gehen.

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[125/0131] nah unmögliche Stellungen uns auf alten Monumenten noch oft in Erſtaunen ſetzen. Durch das Talent der Kinder und ihren Lärm aufgereizt, ſuchte jedermann zur Un¬ terhaltung der Geſellſchaft etwas beyzutra¬ gen. Die Frauenzimmer ſangen einige Ka¬ nons, Laertes ließ eine Nachtigall hören, und der Pedant gab ein Concert pianiſſimo auf der Maultrommel. Indeſſen ſpielten die Nachbarn und Nachbarinnen allerley Spiele, wobey ſich die Hände begegnen und vermiſchen, und es fehlte manchem Paare nicht am Ausdruck einer hoffnungsvollen Zärtlichkeit. Madam Melina beſonders ſchien eine lebhafte Neigung zu Wilhelmen nicht zu verhehlen. Es war ſpät in der Nacht, und Aurelie, die faſt allein noch Herrſchaft über ſich behalten hatte, ermahn¬ te die übrigen, indem ſie aufſtand, auseinan¬ der zu gehen.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/131>, abgerufen am 24.11.2024.