ihren Affenpossen unterhielt, und dafür täg¬ lich etwas geschenkt bekam. Ein Kleid zu diesem Stücke wurde auch für sie zurechte gemacht, und weil sie von einer leichten nach¬ ahmenden Natur war, so hatte sie sich bald aus dem Umgange der Damen so viel ge¬ merkt, als sich für sie schickte, und war in kurzer Zeit voller Lebensart und guten Be¬ tragens geworden. Die Sorgfalt des Stall¬ meisters nahm mehr zu als ab, und da die Offiziere auch stark auf sie eindrangen, und sie sich in einem so reichlichen Elemente be¬ fand, fiel es ihr ein, auch einmal die Sprö¬ de zu spielen, und auf eine geschickte Weise sich in einem gewissen vornehmen Ansehn zu üben. Kalt und fein wie sie war, kannte sie in acht Tagen die Schwächen des ganzen Hauses, daß, wenn sie absichtlich hätte ver¬ fahren können, sie gar leicht ihr Glück wür¬ de gemacht haben. Allein auch hier bediente
ihren Affenpoſſen unterhielt, und dafür täg¬ lich etwas geſchenkt bekam. Ein Kleid zu dieſem Stücke wurde auch für ſie zurechte gemacht, und weil ſie von einer leichten nach¬ ahmenden Natur war, ſo hatte ſie ſich bald aus dem Umgange der Damen ſo viel ge¬ merkt, als ſich für ſie ſchickte, und war in kurzer Zeit voller Lebensart und guten Be¬ tragens geworden. Die Sorgfalt des Stall¬ meiſters nahm mehr zu als ab, und da die Offiziere auch ſtark auf ſie eindrangen, und ſie ſich in einem ſo reichlichen Elemente be¬ fand, fiel es ihr ein, auch einmal die Sprö¬ de zu ſpielen, und auf eine geſchickte Weiſe ſich in einem gewiſſen vornehmen Anſehn zu üben. Kalt und fein wie ſie war, kannte ſie in acht Tagen die Schwächen des ganzen Hauſes, daß, wenn ſie abſichtlich hätte ver¬ fahren können, ſie gar leicht ihr Glück wür¬ de gemacht haben. Allein auch hier bediente
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0090"n="82"/>
ihren Affenpoſſen unterhielt, und dafür täg¬<lb/>
lich etwas geſchenkt bekam. Ein Kleid zu<lb/>
dieſem Stücke wurde auch für ſie zurechte<lb/>
gemacht, und weil ſie von einer leichten nach¬<lb/>
ahmenden Natur war, ſo hatte ſie ſich bald<lb/>
aus dem Umgange der Damen ſo viel ge¬<lb/>
merkt, als ſich für ſie ſchickte, und war in<lb/>
kurzer Zeit voller Lebensart und guten Be¬<lb/>
tragens geworden. Die Sorgfalt des Stall¬<lb/>
meiſters nahm mehr zu als ab, und da die<lb/>
Offiziere auch ſtark auf ſie eindrangen, und<lb/>ſie ſich in einem ſo reichlichen Elemente be¬<lb/>
fand, fiel es ihr ein, auch einmal die Sprö¬<lb/>
de zu ſpielen, und auf eine geſchickte Weiſe<lb/>ſich in einem gewiſſen vornehmen Anſehn zu<lb/>
üben. Kalt und fein wie ſie war, kannte ſie<lb/>
in acht Tagen die Schwächen des ganzen<lb/>
Hauſes, daß, wenn ſie abſichtlich hätte ver¬<lb/>
fahren können, ſie gar leicht ihr Glück wür¬<lb/>
de gemacht haben. Allein auch hier bediente<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[82/0090]
ihren Affenpoſſen unterhielt, und dafür täg¬
lich etwas geſchenkt bekam. Ein Kleid zu
dieſem Stücke wurde auch für ſie zurechte
gemacht, und weil ſie von einer leichten nach¬
ahmenden Natur war, ſo hatte ſie ſich bald
aus dem Umgange der Damen ſo viel ge¬
merkt, als ſich für ſie ſchickte, und war in
kurzer Zeit voller Lebensart und guten Be¬
tragens geworden. Die Sorgfalt des Stall¬
meiſters nahm mehr zu als ab, und da die
Offiziere auch ſtark auf ſie eindrangen, und
ſie ſich in einem ſo reichlichen Elemente be¬
fand, fiel es ihr ein, auch einmal die Sprö¬
de zu ſpielen, und auf eine geſchickte Weiſe
ſich in einem gewiſſen vornehmen Anſehn zu
üben. Kalt und fein wie ſie war, kannte ſie
in acht Tagen die Schwächen des ganzen
Hauſes, daß, wenn ſie abſichtlich hätte ver¬
fahren können, ſie gar leicht ihr Glück wür¬
de gemacht haben. Allein auch hier bediente
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/90>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.