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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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mit offnen Armen aufgenommen. Es waren
verständige, geistreiche, lebhafte Menschen,
die wohl einsahen, daß die Summe unsrer
Existenz durch Vernunft dividirt, niemals
rein aufgehe, sondern daß immer ein wun¬
derlicher Bruch übrig bleibe. Diesen hinder¬
lichen, und, wenn er sich in die ganze Masse
vertheilt, gefährlichen, Bruch, suchten sie zu
bestimmten Zeiten vorsetzlich los zu werden.
Sie waren einen Tag der Woche recht aus¬
führlich Narren, und straften an demselben
wechselseitig durch allegorische Vorstellungen,
was sie während der übrigen Tage an sich
und andern närrisches bemerkt hatten. War
diese Art gleich roher als eine Folge von
Ausbildung, in welcher der sittliche Mensch
sich täglich zu bemerken, zu warnen und zu
strafen pflegt; so war sie doch lustiger und
sicherer, denn indem man einen gewissen
Schooßnarren nicht verleugnete, so tractirte

mit offnen Armen aufgenommen. Es waren
verſtändige, geiſtreiche, lebhafte Menſchen,
die wohl einſahen, daß die Summe unſrer
Exiſtenz durch Vernunft dividirt, niemals
rein aufgehe, ſondern daß immer ein wun¬
derlicher Bruch übrig bleibe. Dieſen hinder¬
lichen, und, wenn er ſich in die ganze Maſſe
vertheilt, gefährlichen, Bruch, ſuchten ſie zu
beſtimmten Zeiten vorſetzlich los zu werden.
Sie waren einen Tag der Woche recht aus¬
führlich Narren, und ſtraften an demſelben
wechſelſeitig durch allegoriſche Vorſtellungen,
was ſie während der übrigen Tage an ſich
und andern närriſches bemerkt hatten. War
dieſe Art gleich roher als eine Folge von
Ausbildung, in welcher der ſittliche Menſch
ſich täglich zu bemerken, zu warnen und zu
ſtrafen pflegt; ſo war ſie doch luſtiger und
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[345/0354] mit offnen Armen aufgenommen. Es waren verſtändige, geiſtreiche, lebhafte Menſchen, die wohl einſahen, daß die Summe unſrer Exiſtenz durch Vernunft dividirt, niemals rein aufgehe, ſondern daß immer ein wun¬ derlicher Bruch übrig bleibe. Dieſen hinder¬ lichen, und, wenn er ſich in die ganze Maſſe vertheilt, gefährlichen, Bruch, ſuchten ſie zu beſtimmten Zeiten vorſetzlich los zu werden. Sie waren einen Tag der Woche recht aus¬ führlich Narren, und ſtraften an demſelben wechſelſeitig durch allegoriſche Vorſtellungen, was ſie während der übrigen Tage an ſich und andern närriſches bemerkt hatten. War dieſe Art gleich roher als eine Folge von Ausbildung, in welcher der ſittliche Menſch ſich täglich zu bemerken, zu warnen und zu ſtrafen pflegt; ſo war ſie doch luſtiger und ſicherer, denn indem man einen gewiſſen Schooßnarren nicht verleugnete, ſo tractirte

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/354>, abgerufen am 24.11.2024.