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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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wunderung schien nach der Ursache zu fragen,
warum ein so sonderbarer Streit über einen
so wunderbaren Hausrath habe unter ihnen
entstehen können?

Sie sollen, sprach Serlo, Schiedsrichter
zwischen uns beiden seyn. Was hat sie mit
dem scharfen Stahle zu thun? Lassen Sie
sich ihn zeigen. Dieser Dolch ziemt keiner
Schauspielerin; spitz und scharf wie Nadel
und Messer! Zu was die Posse? Heftig wie
sie ist, thut sie sich noch einmal von ohnge¬
fähr ein Leids. Ich habe einen innerlichen
Haß gegen solche Sonderbarkeiten, ein ernst¬
licher Gedanke dieser Art ist toll, und ein so
gefährliches Spielwerk ist abgeschmackt.

Ich habe ihn wieder, rief Aurelie, indem
sie die blanke Klinge in die Höhe hielt, ich
will meinen treuen Freund nun besser ver¬
wahren. Verzeih mir, rief sie aus, indem
sie den Stahl küßte, daß ich dich so vernach¬
läßigt habe!

wunderung ſchien nach der Urſache zu fragen,
warum ein ſo ſonderbarer Streit über einen
ſo wunderbaren Hausrath habe unter ihnen
entſtehen können?

Sie ſollen, ſprach Serlo, Schiedsrichter
zwiſchen uns beiden ſeyn. Was hat ſie mit
dem ſcharfen Stahle zu thun? Laſſen Sie
ſich ihn zeigen. Dieſer Dolch ziemt keiner
Schauſpielerin; ſpitz und ſcharf wie Nadel
und Meſſer! Zu was die Poſſe? Heftig wie
ſie iſt, thut ſie ſich noch einmal von ohnge¬
fähr ein Leids. Ich habe einen innerlichen
Haß gegen ſolche Sonderbarkeiten, ein ernſt¬
licher Gedanke dieſer Art iſt toll, und ein ſo
gefährliches Spielwerk iſt abgeſchmackt.

Ich habe ihn wieder, rief Aurelie, indem
ſie die blanke Klinge in die Höhe hielt, ich
will meinen treuen Freund nun beſſer ver¬
wahren. Verzeih mir, rief ſie aus, indem
ſie den Stahl küßte, daß ich dich ſo vernach¬
läßigt habe!

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[308/0317] wunderung ſchien nach der Urſache zu fragen, warum ein ſo ſonderbarer Streit über einen ſo wunderbaren Hausrath habe unter ihnen entſtehen können? Sie ſollen, ſprach Serlo, Schiedsrichter zwiſchen uns beiden ſeyn. Was hat ſie mit dem ſcharfen Stahle zu thun? Laſſen Sie ſich ihn zeigen. Dieſer Dolch ziemt keiner Schauſpielerin; ſpitz und ſcharf wie Nadel und Meſſer! Zu was die Poſſe? Heftig wie ſie iſt, thut ſie ſich noch einmal von ohnge¬ fähr ein Leids. Ich habe einen innerlichen Haß gegen ſolche Sonderbarkeiten, ein ernſt¬ licher Gedanke dieſer Art iſt toll, und ein ſo gefährliches Spielwerk iſt abgeſchmackt. Ich habe ihn wieder, rief Aurelie, indem ſie die blanke Klinge in die Höhe hielt, ich will meinen treuen Freund nun beſſer ver¬ wahren. Verzeih mir, rief ſie aus, indem ſie den Stahl küßte, daß ich dich ſo vernach¬ läßigt habe!

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/317>, abgerufen am 24.11.2024.