Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.Vierzehntes Capitel. Verschiedene Personen traten herein, die das Vierzehntes Capitel. Verſchiedene Perſonen traten herein, die das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0290" n="281"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Vierzehntes Capitel.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p><hi rendition="#in">V</hi>erſchiedene Perſonen traten herein, die das<lb/> Geſpräch unterbrachen. Es waren Virtuo¬<lb/> ſen, die ſich bey Serlo gewöhnlich einmal<lb/> die Woche zu einem kleinen Concerte ver¬<lb/> ſammelten. Er liebte die Muſik ſehr, und<lb/> behauptete, daß ein Schauſpieler ohne dieſe<lb/> Liebe niemals zu einem deutlichen Begriff<lb/> und Gefühl ſeiner eigenen Kunſt gelangen<lb/> könne. So wie man viel leichter und an¬<lb/> ſtändiger agire, wenn die Gebährden durch<lb/> eine Melodie begleitet und geleitet werden,<lb/> ſo müſſe der Schauſpieler ſich auch ſeine pro¬<lb/> ſaiſche Rolle gleichſam im Sinne componi¬<lb/> ren, daß er ſie nicht nur eintönig nach ſeiner<lb/> individuellen Art und Weiſe hinſudele, ſon¬<lb/> dern ſie in gehöriger Abwechſelung nach Takt<lb/> und Maaß behandle.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [281/0290]
Vierzehntes Capitel.
Verſchiedene Perſonen traten herein, die das
Geſpräch unterbrachen. Es waren Virtuo¬
ſen, die ſich bey Serlo gewöhnlich einmal
die Woche zu einem kleinen Concerte ver¬
ſammelten. Er liebte die Muſik ſehr, und
behauptete, daß ein Schauſpieler ohne dieſe
Liebe niemals zu einem deutlichen Begriff
und Gefühl ſeiner eigenen Kunſt gelangen
könne. So wie man viel leichter und an¬
ſtändiger agire, wenn die Gebährden durch
eine Melodie begleitet und geleitet werden,
ſo müſſe der Schauſpieler ſich auch ſeine pro¬
ſaiſche Rolle gleichſam im Sinne componi¬
ren, daß er ſie nicht nur eintönig nach ſeiner
individuellen Art und Weiſe hinſudele, ſon¬
dern ſie in gehöriger Abwechſelung nach Takt
und Maaß behandle.
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