den, und nun verschollen sind. Einige pfif¬ fen eine Symphonie, jeder besann sich schnell auf seine Rolle, man fing an und spielte mit der größten Aufmerksamkeit das Stück durch, und wirklich über Erwartung gut. Man applaudirte sich wechselsweise; man hatte sich selten so wohl gehalten.
Als sie fertig waren, empfanden sie alle ein ausnehmendes Vergnügen, theils über ihre wohlzugebrachte Zeit, theils weil jeder besonders mit sich zufrieden seyn konnte. Wilhelm ließ sich weitläuftig zu ihrem Lobe heraus, und ihre Unterhaltung war heiter und fröhlich.
Ihr solltet sehen, rief unser Freund, wie weit wir kommen müßten, wenn wir unsre Übungen auf diese Art fortsetzten, und nicht blos auf Auswendiglernen, Probiren und Spielen uns mechanisch pflicht- und hand¬ werksmäßig einschränkten. Wie viel mehr
W. Meisters Lehrj. 2. N
den, und nun verſchollen ſind. Einige pfif¬ fen eine Symphonie, jeder beſann ſich ſchnell auf ſeine Rolle, man fing an und ſpielte mit der größten Aufmerkſamkeit das Stück durch, und wirklich über Erwartung gut. Man applaudirte ſich wechſelsweiſe; man hatte ſich ſelten ſo wohl gehalten.
Als ſie fertig waren, empfanden ſie alle ein ausnehmendes Vergnügen, theils über ihre wohlzugebrachte Zeit, theils weil jeder beſonders mit ſich zufrieden ſeyn konnte. Wilhelm ließ ſich weitläuftig zu ihrem Lobe heraus, und ihre Unterhaltung war heiter und fröhlich.
Ihr ſolltet ſehen, rief unſer Freund, wie weit wir kommen müßten, wenn wir unſre Übungen auf dieſe Art fortſetzten, und nicht blos auf Auswendiglernen, Probiren und Spielen uns mechaniſch pflicht- und hand¬ werksmäßig einſchränkten. Wie viel mehr
W. Meiſters Lehrj. 2. N
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0201"n="193"/>
den, und nun verſchollen ſind. Einige pfif¬<lb/>
fen eine Symphonie, jeder beſann ſich ſchnell<lb/>
auf ſeine Rolle, man fing an und ſpielte mit<lb/>
der größten Aufmerkſamkeit das Stück durch,<lb/>
und wirklich über Erwartung gut. Man<lb/>
applaudirte ſich wechſelsweiſe; man hatte ſich<lb/>ſelten ſo wohl gehalten.</p><lb/><p>Als ſie fertig waren, empfanden ſie alle<lb/>
ein ausnehmendes Vergnügen, theils über<lb/>
ihre wohlzugebrachte Zeit, theils weil jeder<lb/>
beſonders mit ſich zufrieden ſeyn konnte.<lb/>
Wilhelm ließ ſich weitläuftig zu ihrem Lobe<lb/>
heraus, und ihre Unterhaltung war heiter<lb/>
und fröhlich.</p><lb/><p>Ihr ſolltet ſehen, rief unſer Freund, wie<lb/>
weit wir kommen müßten, wenn wir unſre<lb/>
Übungen auf dieſe Art fortſetzten, und nicht<lb/>
blos auf Auswendiglernen, Probiren und<lb/>
Spielen uns mechaniſch pflicht- und hand¬<lb/>
werksmäßig einſchränkten. Wie viel mehr<lb/><fwplace="bottom"type="sig">W. Meiſters Lehrj. 2. N<lb/></fw></p></div></div></div></body></text></TEI>
[193/0201]
den, und nun verſchollen ſind. Einige pfif¬
fen eine Symphonie, jeder beſann ſich ſchnell
auf ſeine Rolle, man fing an und ſpielte mit
der größten Aufmerkſamkeit das Stück durch,
und wirklich über Erwartung gut. Man
applaudirte ſich wechſelsweiſe; man hatte ſich
ſelten ſo wohl gehalten.
Als ſie fertig waren, empfanden ſie alle
ein ausnehmendes Vergnügen, theils über
ihre wohlzugebrachte Zeit, theils weil jeder
beſonders mit ſich zufrieden ſeyn konnte.
Wilhelm ließ ſich weitläuftig zu ihrem Lobe
heraus, und ihre Unterhaltung war heiter
und fröhlich.
Ihr ſolltet ſehen, rief unſer Freund, wie
weit wir kommen müßten, wenn wir unſre
Übungen auf dieſe Art fortſetzten, und nicht
blos auf Auswendiglernen, Probiren und
Spielen uns mechaniſch pflicht- und hand¬
werksmäßig einſchränkten. Wie viel mehr
W. Meiſters Lehrj. 2. N
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/201>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.