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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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me. Wilhelm öfnete die Thüre, das Kind
trat herein und sang das Lied, das wir so
eben aufgezeichnet haben.

Melodie und Ausdruck gefielen unserm
Freunde besonders, ob er gleich die Worte
nicht alle verstehen konnte. Er ließ sich die
Strophen wiederholen und erklären, schrieb
sie auf und übersetzte sie ins Deutsche. Aber
die Originalität der Wendungen konnte er
nur von ferne nachahmen. Die kindliche
Unschuld des Ausdrucks verschwand, indem
die gebrochene Sprache übereinstimmend, und
das Unzusammenhängende verbunden ward.
Auch konnte der Reiz der Melodie mit nichts
verglichen werden.

Sie fing jeden Vers feyerlich und präch¬
tig an, als ob sie auf etwas sonderbares
aufmerksam machen, als ob sie etwas wich¬
tiges vortragen wollte. Bey der dritten
Zeile ward der Gesang dumpfer und düste¬

me. Wilhelm öfnete die Thüre, das Kind
trat herein und ſang das Lied, das wir ſo
eben aufgezeichnet haben.

Melodie und Ausdruck gefielen unſerm
Freunde beſonders, ob er gleich die Worte
nicht alle verſtehen konnte. Er ließ ſich die
Strophen wiederholen und erklären, ſchrieb
ſie auf und überſetzte ſie ins Deutſche. Aber
die Originalität der Wendungen konnte er
nur von ferne nachahmen. Die kindliche
Unſchuld des Ausdrucks verſchwand, indem
die gebrochene Sprache übereinſtimmend, und
das Unzuſammenhängende verbunden ward.
Auch konnte der Reiz der Melodie mit nichts
verglichen werden.

Sie fing jeden Vers feyerlich und präch¬
tig an, als ob ſie auf etwas ſonderbares
aufmerkſam machen, als ob ſie etwas wich¬
tiges vortragen wollte. Bey der dritten
Zeile ward der Geſang dumpfer und düſte¬

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[9/0017] me. Wilhelm öfnete die Thüre, das Kind trat herein und ſang das Lied, das wir ſo eben aufgezeichnet haben. Melodie und Ausdruck gefielen unſerm Freunde beſonders, ob er gleich die Worte nicht alle verſtehen konnte. Er ließ ſich die Strophen wiederholen und erklären, ſchrieb ſie auf und überſetzte ſie ins Deutſche. Aber die Originalität der Wendungen konnte er nur von ferne nachahmen. Die kindliche Unſchuld des Ausdrucks verſchwand, indem die gebrochene Sprache übereinſtimmend, und das Unzuſammenhängende verbunden ward. Auch konnte der Reiz der Melodie mit nichts verglichen werden. Sie fing jeden Vers feyerlich und präch¬ tig an, als ob ſie auf etwas ſonderbares aufmerkſam machen, als ob ſie etwas wich¬ tiges vortragen wollte. Bey der dritten Zeile ward der Geſang dumpfer und düſte¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/17>, abgerufen am 21.11.2024.