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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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nen, leugnen oder um Vergebung bitten solle,
dauerte nur einige Augenblicke. Der Graf,
der unbeweglich in der Thüre stehen geblie¬
ben war, trat zurück und machte sie sachte
zu. In dem Moment sprang die Baronesse
zur Seitenthüre herein, löschte die Lampe
aus, riß Wilhelmen vom Stuhle, und zog
ihn nach sich in das Kabinet. Geschwind
warf er den Schlafrock ab, der sogleich wie¬
der seinen gewöhnlichen Platz erhielt. Die
Baronesse nahm Wilhelms Rock über den
Arm, und eilte mit ihm durch einige Stuben,
Gänge und Verschläge in ihr Zimmer, wo
Wilhelm, nachdem sie sich erhohlt hatte, von
ihr vernahm: sie sey zu der Gräfin gekom¬
men, um ihr die erdichtete Nachricht von der
Ankunft des Grafen zu bringen. Ich weiß
es schon, sagte die Gräfin: was mag wohl
begegnet seyn? Ich habe ihn so eben zum
Seitenthore herein reiten sehen. Erschrocken

sey

nen, leugnen oder um Vergebung bitten ſolle,
dauerte nur einige Augenblicke. Der Graf,
der unbeweglich in der Thüre ſtehen geblie¬
ben war, trat zurück und machte ſie ſachte
zu. In dem Moment ſprang die Baroneſſe
zur Seitenthüre herein, löſchte die Lampe
aus, riß Wilhelmen vom Stuhle, und zog
ihn nach ſich in das Kabinet. Geſchwind
warf er den Schlafrock ab, der ſogleich wie¬
der ſeinen gewöhnlichen Platz erhielt. Die
Baroneſſe nahm Wilhelms Rock über den
Arm, und eilte mit ihm durch einige Stuben,
Gänge und Verſchläge in ihr Zimmer, wo
Wilhelm, nachdem ſie ſich erhohlt hatte, von
ihr vernahm: ſie ſey zu der Gräfin gekom¬
men, um ihr die erdichtete Nachricht von der
Ankunft des Grafen zu bringen. Ich weiß
es ſchon, ſagte die Gräfin: was mag wohl
begegnet ſeyn? Ich habe ihn ſo eben zum
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[128/0136] nen, leugnen oder um Vergebung bitten ſolle, dauerte nur einige Augenblicke. Der Graf, der unbeweglich in der Thüre ſtehen geblie¬ ben war, trat zurück und machte ſie ſachte zu. In dem Moment ſprang die Baroneſſe zur Seitenthüre herein, löſchte die Lampe aus, riß Wilhelmen vom Stuhle, und zog ihn nach ſich in das Kabinet. Geſchwind warf er den Schlafrock ab, der ſogleich wie¬ der ſeinen gewöhnlichen Platz erhielt. Die Baroneſſe nahm Wilhelms Rock über den Arm, und eilte mit ihm durch einige Stuben, Gänge und Verſchläge in ihr Zimmer, wo Wilhelm, nachdem ſie ſich erhohlt hatte, von ihr vernahm: ſie ſey zu der Gräfin gekom¬ men, um ihr die erdichtete Nachricht von der Ankunft des Grafen zu bringen. Ich weiß es ſchon, ſagte die Gräfin: was mag wohl begegnet ſeyn? Ich habe ihn ſo eben zum Seitenthore herein reiten ſehen. Erſchrocken ſey

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/136>, abgerufen am 25.11.2024.