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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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der Besserung unfähige Menschen sich oft
am lebhaftesten anklagen, ihre Fehler mit
großer Freymüthigkeit bekennen und bereuen,
ob sie gleich nicht die mindeste Kraft in sich
haben, von dem Wege zurück zu treten, auf
den eine übermächtige Natur sie hinreißt.
Er konnte daher nicht unfreundlich gegen die
zierliche Sünderin bleiben; er ließ sich mit
ihr in ein Gespräch ein, und vernahm von
ihr den Vorschlag zu einer sonderbaren Ver¬
kleidung, womit man die schöne Gräfin zu
überraschen gedachte.

Er fand dabey einiges Bedenken, das er
Philinen nicht verheelte; allein die Barones¬
se, welche in dem Augenblick herein trat,
ließ ihm keine Zeit zu Zweifeln übrig, sie
zog ihn vielmehr mit sich fort, indem sie ver¬
sicherte, es sey eben die rechte Stunde.

Es war dunkel geworden, und sie führte
ihn in die Garderobe des Grafen, ließ ihn

der Beſſerung unfähige Menſchen ſich oft
am lebhafteſten anklagen, ihre Fehler mit
großer Freymüthigkeit bekennen und bereuen,
ob ſie gleich nicht die mindeſte Kraft in ſich
haben, von dem Wege zurück zu treten, auf
den eine übermächtige Natur ſie hinreißt.
Er konnte daher nicht unfreundlich gegen die
zierliche Sünderin bleiben; er ließ ſich mit
ihr in ein Geſpräch ein, und vernahm von
ihr den Vorſchlag zu einer ſonderbaren Ver¬
kleidung, womit man die ſchöne Gräfin zu
überraſchen gedachte.

Er fand dabey einiges Bedenken, das er
Philinen nicht verheelte; allein die Baroneſ¬
ſe, welche in dem Augenblick herein trat,
ließ ihm keine Zeit zu Zweifeln übrig, ſie
zog ihn vielmehr mit ſich fort, indem ſie ver¬
ſicherte, es ſey eben die rechte Stunde.

Es war dunkel geworden, und ſie führte
ihn in die Garderobe des Grafen, ließ ihn

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[124/0132] der Beſſerung unfähige Menſchen ſich oft am lebhafteſten anklagen, ihre Fehler mit großer Freymüthigkeit bekennen und bereuen, ob ſie gleich nicht die mindeſte Kraft in ſich haben, von dem Wege zurück zu treten, auf den eine übermächtige Natur ſie hinreißt. Er konnte daher nicht unfreundlich gegen die zierliche Sünderin bleiben; er ließ ſich mit ihr in ein Geſpräch ein, und vernahm von ihr den Vorſchlag zu einer ſonderbaren Ver¬ kleidung, womit man die ſchöne Gräfin zu überraſchen gedachte. Er fand dabey einiges Bedenken, das er Philinen nicht verheelte; allein die Baroneſ¬ ſe, welche in dem Augenblick herein trat, ließ ihm keine Zeit zu Zweifeln übrig, ſie zog ihn vielmehr mit ſich fort, indem ſie ver¬ ſicherte, es ſey eben die rechte Stunde. Es war dunkel geworden, und ſie führte ihn in die Garderobe des Grafen, ließ ihn

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/132>, abgerufen am 22.11.2024.