mit seinen Stücken alle Mühe, und Wil¬ helm sparte keinen Fleiß, die herrlichen Reden des vortrefflichen Helden, dessen Rolle ihm zugefallen war, auf das genauste zu memo¬ riren.
Indessen hatten sich doch auch nach und nach einige Mißhelligkeiten eingeschlichen. Die Vorliebe des Barons für gewisse Schau¬ spieler wurde von Tag zu Tag merklicher, und nothwendig mußte dieß die übrigen ver¬ drießen. Er erhob seine Günstlinge ganz ausschließlich, und brachte dadurch Eifersucht und Uneinigkeit unter die Gesellschaft. Me¬ lina, der sich bey streitigen Fällen ohnedem nicht zu helfen wußte, befand sich in einem sehr unangenehmen Zustande. Die Gepriese¬ nen nahmen das Lob an, ohne sonderlich dankbar zu seyn, und die Zurückgesetzten ließen auf allerley Weise ihren Verdruß spühren, und wußten ihrem erst hochverehr¬
mit ſeinen Stücken alle Mühe, und Wil¬ helm ſparte keinen Fleiß, die herrlichen Reden des vortrefflichen Helden, deſſen Rolle ihm zugefallen war, auf das genauſte zu memo¬ riren.
Indeſſen hatten ſich doch auch nach und nach einige Mißhelligkeiten eingeſchlichen. Die Vorliebe des Barons für gewiſſe Schau¬ ſpieler wurde von Tag zu Tag merklicher, und nothwendig mußte dieß die übrigen ver¬ drießen. Er erhob ſeine Günſtlinge ganz ausſchließlich, und brachte dadurch Eiferſucht und Uneinigkeit unter die Geſellſchaft. Me¬ lina, der ſich bey ſtreitigen Fällen ohnedem nicht zu helfen wußte, befand ſich in einem ſehr unangenehmen Zuſtande. Die Geprieſe¬ nen nahmen das Lob an, ohne ſonderlich dankbar zu ſeyn, und die Zurückgeſetzten ließen auf allerley Weiſe ihren Verdruß ſpühren, und wußten ihrem erſt hochverehr¬
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mit ſeinen Stücken alle Mühe, und Wil¬
helm ſparte keinen Fleiß, die herrlichen Reden
des vortrefflichen Helden, deſſen Rolle ihm
zugefallen war, auf das genauſte zu memo¬
riren.
Indeſſen hatten ſich doch auch nach und
nach einige Mißhelligkeiten eingeſchlichen.
Die Vorliebe des Barons für gewiſſe Schau¬
ſpieler wurde von Tag zu Tag merklicher,
und nothwendig mußte dieß die übrigen ver¬
drießen. Er erhob ſeine Günſtlinge ganz
ausſchließlich, und brachte dadurch Eiferſucht
und Uneinigkeit unter die Geſellſchaft. Me¬
lina, der ſich bey ſtreitigen Fällen ohnedem
nicht zu helfen wußte, befand ſich in einem
ſehr unangenehmen Zuſtande. Die Geprieſe¬
nen nahmen das Lob an, ohne ſonderlich
dankbar zu ſeyn, und die Zurückgeſetzten
ließen auf allerley Weiſe ihren Verdruß
ſpühren, und wußten ihrem erſt hochverehr¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/113>, abgerufen am 22.11.2024.
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