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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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kennt, und zur Taufe bebend das Wasser
holt.

Aber wie ging mir das Herz über, wenn
in dem bezauberten Walde Tancredens
Schwert den Baum trifft, Blut nach dem
Hiebe fließt, und eine Stimme ihm in die
Ohren tönt, daß er auch hier Chlorinden ver¬
wunde, daß er vom Schicksal bestimmt sey,
das was er liebt überall unwissend zu ver¬
letzen!

Es bemächtigte sich die Geschichte meiner
Einbildungskraft so, daß sich mir, was ich
von dem Gedichte gelesen hatte, dunkel zu
einem Ganzen in der Seele bildete, von dem
ich dergestalt eingenommen war, daß ich es
auf irgend eine Weise vorzustellen gedachte.
Ich wollte Tancreden und Reinalden spielen,
und fand dazu zwey Rüstungen ganz bereit,
die ich schon gefertiget hatte. Die eine von
dunkelgrauem Papier mit Schuppen sollte den

kennt, und zur Taufe bebend das Waſſer
holt.

Aber wie ging mir das Herz über, wenn
in dem bezauberten Walde Tancredens
Schwert den Baum trifft, Blut nach dem
Hiebe fließt, und eine Stimme ihm in die
Ohren tönt, daß er auch hier Chlorinden ver¬
wunde, daß er vom Schickſal beſtimmt ſey,
das was er liebt überall unwiſſend zu ver¬
letzen!

Es bemächtigte ſich die Geſchichte meiner
Einbildungskraft ſo, daß ſich mir, was ich
von dem Gedichte geleſen hatte, dunkel zu
einem Ganzen in der Seele bildete, von dem
ich dergeſtalt eingenommen war, daß ich es
auf irgend eine Weiſe vorzuſtellen gedachte.
Ich wollte Tancreden und Reinalden ſpielen,
und fand dazu zwey Rüſtungen ganz bereit,
die ich ſchon gefertiget hatte. Die eine von
dunkelgrauem Papier mit Schuppen ſollte den

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[55/0063] kennt, und zur Taufe bebend das Waſſer holt. Aber wie ging mir das Herz über, wenn in dem bezauberten Walde Tancredens Schwert den Baum trifft, Blut nach dem Hiebe fließt, und eine Stimme ihm in die Ohren tönt, daß er auch hier Chlorinden ver¬ wunde, daß er vom Schickſal beſtimmt ſey, das was er liebt überall unwiſſend zu ver¬ letzen! Es bemächtigte ſich die Geſchichte meiner Einbildungskraft ſo, daß ſich mir, was ich von dem Gedichte geleſen hatte, dunkel zu einem Ganzen in der Seele bildete, von dem ich dergeſtalt eingenommen war, daß ich es auf irgend eine Weiſe vorzuſtellen gedachte. Ich wollte Tancreden und Reinalden ſpielen, und fand dazu zwey Rüſtungen ganz bereit, die ich ſchon gefertiget hatte. Die eine von dunkelgrauem Papier mit Schuppen ſollte den

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/63>, abgerufen am 24.11.2024.