Er erinnerte sich der Zeit, in der sein Geist durch ein unbedingtes hoffnungsreiches Streben empor gehoben wurde, wo er in dem lebhaftesten Genusse aller Art, wie in einem Elemente schwamm. Es ward ihm deutlich, wie er jetzt in ein unbestimmtes Schlendern gerathen war, in welchem er nur noch schlürfend kostete, was er sonst mit vol¬ len Zügen eingesogen hatte; aber deutlich konnte er nicht sehen, welches unüberwindli¬ che Bedürfniß ihm die Natur zum Gesetz ge¬ macht hatte, und wie sehr dieses Bedürfniß durch Umstände nur gereizt, halb befriedigt und irre geführt worden war.
Es darf also niemand wundern, wenn er bey Betrachtung seines Zustandes, und in¬ dem er sich aus demselben heraus zu denken arbeitete, in die größte Verwirrung gerieth. Es war nicht genug, daß er durch seine Freundschaft zu Laertes, durch seine Neigung
Er erinnerte ſich der Zeit, in der ſein Geiſt durch ein unbedingtes hoffnungsreiches Streben empor gehoben wurde, wo er in dem lebhafteſten Genuſſe aller Art, wie in einem Elemente ſchwamm. Es ward ihm deutlich, wie er jetzt in ein unbeſtimmtes Schlendern gerathen war, in welchem er nur noch ſchlürfend koſtete, was er ſonſt mit vol¬ len Zügen eingeſogen hatte; aber deutlich konnte er nicht ſehen, welches unüberwindli¬ che Bedürfniß ihm die Natur zum Geſetz ge¬ macht hatte, und wie ſehr dieſes Bedürfniß durch Umſtände nur gereizt, halb befriedigt und irre geführt worden war.
Es darf alſo niemand wundern, wenn er bey Betrachtung ſeines Zuſtandes, und in¬ dem er ſich aus demſelben heraus zu denken arbeitete, in die größte Verwirrung gerieth. Es war nicht genug, daß er durch ſeine Freundſchaft zu Laertes, durch ſeine Neigung
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Er erinnerte ſich der Zeit, in der ſein
Geiſt durch ein unbedingtes hoffnungsreiches
Streben empor gehoben wurde, wo er in
dem lebhafteſten Genuſſe aller Art, wie in
einem Elemente ſchwamm. Es ward ihm
deutlich, wie er jetzt in ein unbeſtimmtes
Schlendern gerathen war, in welchem er nur
noch ſchlürfend koſtete, was er ſonſt mit vol¬
len Zügen eingeſogen hatte; aber deutlich
konnte er nicht ſehen, welches unüberwindli¬
che Bedürfniß ihm die Natur zum Geſetz ge¬
macht hatte, und wie ſehr dieſes Bedürfniß
durch Umſtände nur gereizt, halb befriedigt
und irre geführt worden war.
Es darf alſo niemand wundern, wenn er
bey Betrachtung ſeines Zuſtandes, und in¬
dem er ſich aus demſelben heraus zu denken
arbeitete, in die größte Verwirrung gerieth.
Es war nicht genug, daß er durch ſeine
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/367>, abgerufen am 24.11.2024.
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