eine Rede vorzubereiten, und die Pausen des Gesprächs durch eine gefällige Pantomime mit dem Ganzen zu verbinden wissen; aber eine Übung, die einem glücklichen Naturell zu Hülfe käme, und es lehrte, mit dem Schriftsteller zu wetteifern, ist nicht so im Gange, als es zum Troste derer, die das Theater besuchen, wohl zu wünschen wäre.
Sollte aber nicht, versetzte Wilhelm, ein glückliches Naturell, als das erste und letzte, einen Schauspieler, wie jeden andern Künst¬ ler, ja vielleicht wie jeden Menschen, allein zu einem so hochaufgesteckten Ziele bringen?
Das erste und letzte, Anfang und Ende möchte es wohl seyn und bleiben; aber in der Mitte dürfte dem Künstler manches feh¬ len, wenn nicht Bildung das erst aus ihm macht, was er seyn soll, und zwar frühe Bildung; denn vielleicht ist derjenige, dem man Genie zuschreibt, übler daran als der,
eine Rede vorzubereiten, und die Pauſen des Geſprächs durch eine gefällige Pantomime mit dem Ganzen zu verbinden wiſſen; aber eine Übung, die einem glücklichen Naturell zu Hülfe käme, und es lehrte, mit dem Schriftſteller zu wetteifern, iſt nicht ſo im Gange, als es zum Troſte derer, die das Theater beſuchen, wohl zu wünſchen wäre.
Sollte aber nicht, verſetzte Wilhelm, ein glückliches Naturell, als das erſte und letzte, einen Schauſpieler, wie jeden andern Künſt¬ ler, ja vielleicht wie jeden Menſchen, allein zu einem ſo hochaufgeſteckten Ziele bringen?
Das erſte und letzte, Anfang und Ende möchte es wohl ſeyn und bleiben; aber in der Mitte dürfte dem Künſtler manches feh¬ len, wenn nicht Bildung das erſt aus ihm macht, was er ſeyn ſoll, und zwar frühe Bildung; denn vielleicht iſt derjenige, dem man Genie zuſchreibt, übler daran als der,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0311"n="303"/>
eine Rede vorzubereiten, und die Pauſen des<lb/>
Geſprächs durch eine gefällige Pantomime<lb/>
mit dem Ganzen zu verbinden wiſſen; aber<lb/>
eine Übung, die einem glücklichen Naturell<lb/>
zu Hülfe käme, und es lehrte, mit dem<lb/>
Schriftſteller zu wetteifern, iſt nicht ſo im<lb/>
Gange, als es zum Troſte derer, die das<lb/>
Theater beſuchen, wohl zu wünſchen wäre.</p><lb/><p>Sollte aber nicht, verſetzte Wilhelm, ein<lb/>
glückliches Naturell, als das erſte und letzte,<lb/>
einen Schauſpieler, wie jeden andern Künſt¬<lb/>
ler, ja vielleicht wie jeden Menſchen, allein<lb/>
zu einem ſo hochaufgeſteckten Ziele bringen?</p><lb/><p>Das erſte und letzte, Anfang und Ende<lb/>
möchte es wohl ſeyn und bleiben; aber in<lb/>
der Mitte dürfte dem Künſtler manches feh¬<lb/>
len, wenn nicht Bildung das erſt aus ihm<lb/>
macht, was er ſeyn ſoll, und zwar frühe<lb/>
Bildung; denn vielleicht iſt derjenige, dem<lb/>
man Genie zuſchreibt, übler daran als der,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[303/0311]
eine Rede vorzubereiten, und die Pauſen des
Geſprächs durch eine gefällige Pantomime
mit dem Ganzen zu verbinden wiſſen; aber
eine Übung, die einem glücklichen Naturell
zu Hülfe käme, und es lehrte, mit dem
Schriftſteller zu wetteifern, iſt nicht ſo im
Gange, als es zum Troſte derer, die das
Theater beſuchen, wohl zu wünſchen wäre.
Sollte aber nicht, verſetzte Wilhelm, ein
glückliches Naturell, als das erſte und letzte,
einen Schauſpieler, wie jeden andern Künſt¬
ler, ja vielleicht wie jeden Menſchen, allein
zu einem ſo hochaufgeſteckten Ziele bringen?
Das erſte und letzte, Anfang und Ende
möchte es wohl ſeyn und bleiben; aber in
der Mitte dürfte dem Künſtler manches feh¬
len, wenn nicht Bildung das erſt aus ihm
macht, was er ſeyn ſoll, und zwar frühe
Bildung; denn vielleicht iſt derjenige, dem
man Genie zuſchreibt, übler daran als der,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/311>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.