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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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sah sie als Wöchnerin, als Mutter in der
Welt ohne Hülfe herumirren, wahrscheinlich
mit seinem eigenen Kinde herumirren. Vor¬
stellungen, welche das schmerzlichste Gefühl
in ihm erregten.

Mignon hatte auf ihn gewartet, und
leuchtete ihn die Treppe hinauf. Als sie
das Licht niedergesetzt hatte, bat sie ihn, zu
erlauben, daß sie ihm heute Abend mit einem
Kunststücke aufwarten dürfe. Er hätte es
lieber verbeten, besonders da er nicht wußte,
was es werden sollte. Allein er konnte die¬
sem guten Geschöpfe nichts abschlagen. Nach
einer kurzen Zeit trat sie wieder herein. Sie
trug einen Teppich unter dem Arme, den sie
auf der Erde ausbreitete. Wilhelm ließ sie
gewähren. Sie brachte darauf vier Lichter,
stellte eins in jeden Winkel des Teppichs.
Ein Körbchen mit Eiern, das sie darauf hol¬
te, machte die Absicht deutlicher. Künstlich

W. Meisters Lehrj. T

ſah ſie als Wöchnerin, als Mutter in der
Welt ohne Hülfe herumirren, wahrſcheinlich
mit ſeinem eigenen Kinde herumirren. Vor¬
ſtellungen, welche das ſchmerzlichſte Gefühl
in ihm erregten.

Mignon hatte auf ihn gewartet, und
leuchtete ihn die Treppe hinauf. Als ſie
das Licht niedergeſetzt hatte, bat ſie ihn, zu
erlauben, daß ſie ihm heute Abend mit einem
Kunſtſtücke aufwarten dürfe. Er hätte es
lieber verbeten, beſonders da er nicht wußte,
was es werden ſollte. Allein er konnte die¬
ſem guten Geſchöpfe nichts abſchlagen. Nach
einer kurzen Zeit trat ſie wieder herein. Sie
trug einen Teppich unter dem Arme, den ſie
auf der Erde ausbreitete. Wilhelm ließ ſie
gewähren. Sie brachte darauf vier Lichter,
ſtellte eins in jeden Winkel des Teppichs.
Ein Körbchen mit Eiern, das ſie darauf hol¬
te, machte die Abſicht deutlicher. Künſtlich

W. Meiſters Lehrj. T
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[289/0297] ſah ſie als Wöchnerin, als Mutter in der Welt ohne Hülfe herumirren, wahrſcheinlich mit ſeinem eigenen Kinde herumirren. Vor¬ ſtellungen, welche das ſchmerzlichſte Gefühl in ihm erregten. Mignon hatte auf ihn gewartet, und leuchtete ihn die Treppe hinauf. Als ſie das Licht niedergeſetzt hatte, bat ſie ihn, zu erlauben, daß ſie ihm heute Abend mit einem Kunſtſtücke aufwarten dürfe. Er hätte es lieber verbeten, beſonders da er nicht wußte, was es werden ſollte. Allein er konnte die¬ ſem guten Geſchöpfe nichts abſchlagen. Nach einer kurzen Zeit trat ſie wieder herein. Sie trug einen Teppich unter dem Arme, den ſie auf der Erde ausbreitete. Wilhelm ließ ſie gewähren. Sie brachte darauf vier Lichter, ſtellte eins in jeden Winkel des Teppichs. Ein Körbchen mit Eiern, das ſie darauf hol¬ te, machte die Abſicht deutlicher. Künſtlich W. Meiſters Lehrj. T

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/297>, abgerufen am 25.11.2024.