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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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Vorstellungen ungeachtet, in einem kleinen
Städtchen, in einem schlechten Wirthshause
zurück.

Der Henker hole alle liederliche Dirnen!
rief der Alte mit Verdruß, und besonders
diese, die mir so manche Stunde meines Le¬
bens verdorben hat. Was soll ich lange er¬
zählen, wie ich mich ihrer angenommen, was
ich für sie gethan, was ich an sie gehängt,
wie ich auch in der Abwesenheit für sie ge¬
sorgt habe. Ich wollte lieber mein Geld in
den Teich werfen, und meine Zeit anwenden,
räudige Hunde zu erziehen, als nur jemals
wieder auf so ein Geschöpf die mindeste Auf¬
merksamkeit zu wenden. Was war's? Im
Anfang erhielt ich Danksagungsbriefe, Nach¬
richt von einigen Orten ihres Aufenthalts,
und zuletzt kein Wort mehr, nicht einmal
Dank für das Geld, das ich ihr zu ihren
Wochen geschickt hatte. O die Verstellung

Vorſtellungen ungeachtet, in einem kleinen
Städtchen, in einem ſchlechten Wirthshauſe
zurück.

Der Henker hole alle liederliche Dirnen!
rief der Alte mit Verdruß, und beſonders
dieſe, die mir ſo manche Stunde meines Le¬
bens verdorben hat. Was ſoll ich lange er¬
zählen, wie ich mich ihrer angenommen, was
ich für ſie gethan, was ich an ſie gehängt,
wie ich auch in der Abweſenheit für ſie ge¬
ſorgt habe. Ich wollte lieber mein Geld in
den Teich werfen, und meine Zeit anwenden,
räudige Hunde zu erziehen, als nur jemals
wieder auf ſo ein Geſchöpf die mindeſte Auf¬
merkſamkeit zu wenden. Was war’s? Im
Anfang erhielt ich Dankſagungsbriefe, Nach¬
richt von einigen Orten ihres Aufenthalts,
und zuletzt kein Wort mehr, nicht einmal
Dank für das Geld, das ich ihr zu ihren
Wochen geſchickt hatte. O die Verſtellung

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[286/0294] Vorſtellungen ungeachtet, in einem kleinen Städtchen, in einem ſchlechten Wirthshauſe zurück. Der Henker hole alle liederliche Dirnen! rief der Alte mit Verdruß, und beſonders dieſe, die mir ſo manche Stunde meines Le¬ bens verdorben hat. Was ſoll ich lange er¬ zählen, wie ich mich ihrer angenommen, was ich für ſie gethan, was ich an ſie gehängt, wie ich auch in der Abweſenheit für ſie ge¬ ſorgt habe. Ich wollte lieber mein Geld in den Teich werfen, und meine Zeit anwenden, räudige Hunde zu erziehen, als nur jemals wieder auf ſo ein Geſchöpf die mindeſte Auf¬ merkſamkeit zu wenden. Was war’s? Im Anfang erhielt ich Dankſagungsbriefe, Nach¬ richt von einigen Orten ihres Aufenthalts, und zuletzt kein Wort mehr, nicht einmal Dank für das Geld, das ich ihr zu ihren Wochen geſchickt hatte. O die Verſtellung

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/294>, abgerufen am 25.11.2024.