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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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Gesellschaft, und Wilhelm wagte zuletzt nach
Marianen zu fragen.

Sagen Sie mir nichts von dem abscheu¬
lichen Geschöpf! rief der Alte, ich habe ver¬
schworen, nicht mehr an sie zu denken. Wil¬
helm erschrak über diese Äußerung, war aber
noch in größerer Verlegenheit, als der Alte
fortfuhr, auf ihre Leichtfertigkeit und Lieder¬
lichkeit zu schmählen. Wie gern hätte unser
Freund das Gespräch abgebrochen; allein er
mußte nun einmal die polternden Ergießun¬
gen des wunderlichen Mannes aushalten.

Ich schäme mich, fuhr dieser fort, daß ich
ihr so geneigt war. Doch hätten Sie das
Mädchen näher gekannt, Sie würden mich
gewiß entschuldigen. Sie war so artig, na¬
türlich und gut, so gefällig und in jedem
Sinne leidlich. Nie hätt' ich mir vorgestellt,
daß Frechheit und Undank die Hauptzüge
ihres Characters seyn sollten.

Geſellſchaft, und Wilhelm wagte zuletzt nach
Marianen zu fragen.

Sagen Sie mir nichts von dem abſcheu¬
lichen Geſchöpf! rief der Alte, ich habe ver¬
ſchworen, nicht mehr an ſie zu denken. Wil¬
helm erſchrak über dieſe Äußerung, war aber
noch in größerer Verlegenheit, als der Alte
fortfuhr, auf ihre Leichtfertigkeit und Lieder¬
lichkeit zu ſchmählen. Wie gern hätte unſer
Freund das Geſpräch abgebrochen; allein er
mußte nun einmal die polternden Ergießun¬
gen des wunderlichen Mannes aushalten.

Ich ſchäme mich, fuhr dieſer fort, daß ich
ihr ſo geneigt war. Doch hätten Sie das
Mädchen näher gekannt, Sie würden mich
gewiß entſchuldigen. Sie war ſo artig, na¬
türlich und gut, ſo gefällig und in jedem
Sinne leidlich. Nie hätt’ ich mir vorgeſtellt,
daß Frechheit und Undank die Hauptzüge
ihres Characters ſeyn ſollten.

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[283/0291] Geſellſchaft, und Wilhelm wagte zuletzt nach Marianen zu fragen. Sagen Sie mir nichts von dem abſcheu¬ lichen Geſchöpf! rief der Alte, ich habe ver¬ ſchworen, nicht mehr an ſie zu denken. Wil¬ helm erſchrak über dieſe Äußerung, war aber noch in größerer Verlegenheit, als der Alte fortfuhr, auf ihre Leichtfertigkeit und Lieder¬ lichkeit zu ſchmählen. Wie gern hätte unſer Freund das Geſpräch abgebrochen; allein er mußte nun einmal die polternden Ergießun¬ gen des wunderlichen Mannes aushalten. Ich ſchäme mich, fuhr dieſer fort, daß ich ihr ſo geneigt war. Doch hätten Sie das Mädchen näher gekannt, Sie würden mich gewiß entſchuldigen. Sie war ſo artig, na¬ türlich und gut, ſo gefällig und in jedem Sinne leidlich. Nie hätt’ ich mir vorgeſtellt, daß Frechheit und Undank die Hauptzüge ihres Characters ſeyn ſollten.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/291>, abgerufen am 22.11.2024.