wie oft er diesen Mann neben seiner gelieb¬ ten Mariane auf dem Theater gesehen hat¬ te; er hörte ihn noch schelten, er hörte ihre schmeichelnde Stimme, mit der sie seinem rauhen Wesen in manchen Rollen zu be¬ gegnen hatte.
Die erste lebhafte Frage an die neuen Ankömmlinge, ob ein Unterkommen aus¬ wärts zu finden und zu hoffen sey? ward leider mit nein beantwortet, und man mußte vernehmen, daß die Gesellschaften, bey denen man sich erkundigt, besetzt, und einige davon sogar in Sorgen seyen, wegen des bevorste¬ henden Krieges auseinander gehen zu müs¬ sen. Der polternde Alte hatte mit seinen Töchtern aus Verdruß und Liebe zur Ab¬ wechselung ein vortheilhaftes Engagement aufgegeben, hatte mit dem Pedanten, den er unterwegs antraf, einen Wagen gemiethet, um hieher zu kommen, wo denn auch, wie sie fanden, guter Rath theuer war.
wie oft er dieſen Mann neben ſeiner gelieb¬ ten Mariane auf dem Theater geſehen hat¬ te; er hörte ihn noch ſchelten, er hörte ihre ſchmeichelnde Stimme, mit der ſie ſeinem rauhen Weſen in manchen Rollen zu be¬ gegnen hatte.
Die erſte lebhafte Frage an die neuen Ankömmlinge, ob ein Unterkommen aus¬ wärts zu finden und zu hoffen ſey? ward leider mit nein beantwortet, und man mußte vernehmen, daß die Geſellſchaften, bey denen man ſich erkundigt, beſetzt, und einige davon ſogar in Sorgen ſeyen, wegen des bevorſte¬ henden Krieges auseinander gehen zu müſ¬ ſen. Der polternde Alte hatte mit ſeinen Töchtern aus Verdruß und Liebe zur Ab¬ wechſelung ein vortheilhaftes Engagement aufgegeben, hatte mit dem Pedanten, den er unterwegs antraf, einen Wagen gemiethet, um hieher zu kommen, wo denn auch, wie ſie fanden, guter Rath theuer war.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0288"n="280"/>
wie oft er dieſen Mann neben ſeiner gelieb¬<lb/>
ten Mariane auf dem Theater geſehen hat¬<lb/>
te; er hörte ihn noch ſchelten, er hörte ihre<lb/>ſchmeichelnde Stimme, mit der ſie ſeinem<lb/>
rauhen Weſen in manchen Rollen zu be¬<lb/>
gegnen hatte.</p><lb/><p>Die erſte lebhafte Frage an die neuen<lb/>
Ankömmlinge, ob ein Unterkommen aus¬<lb/>
wärts zu finden und zu hoffen ſey? ward<lb/>
leider mit nein beantwortet, und man mußte<lb/>
vernehmen, daß die Geſellſchaften, bey denen<lb/>
man ſich erkundigt, beſetzt, und einige davon<lb/>ſogar in Sorgen ſeyen, wegen des bevorſte¬<lb/>
henden Krieges auseinander gehen zu müſ¬<lb/>ſen. Der polternde Alte hatte mit ſeinen<lb/>
Töchtern aus Verdruß und Liebe zur Ab¬<lb/>
wechſelung ein vortheilhaftes Engagement<lb/>
aufgegeben, hatte mit dem Pedanten, den er<lb/>
unterwegs antraf, einen Wagen gemiethet,<lb/>
um hieher zu kommen, wo denn auch, wie<lb/>ſie fanden, guter Rath theuer war.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[280/0288]
wie oft er dieſen Mann neben ſeiner gelieb¬
ten Mariane auf dem Theater geſehen hat¬
te; er hörte ihn noch ſchelten, er hörte ihre
ſchmeichelnde Stimme, mit der ſie ſeinem
rauhen Weſen in manchen Rollen zu be¬
gegnen hatte.
Die erſte lebhafte Frage an die neuen
Ankömmlinge, ob ein Unterkommen aus¬
wärts zu finden und zu hoffen ſey? ward
leider mit nein beantwortet, und man mußte
vernehmen, daß die Geſellſchaften, bey denen
man ſich erkundigt, beſetzt, und einige davon
ſogar in Sorgen ſeyen, wegen des bevorſte¬
henden Krieges auseinander gehen zu müſ¬
ſen. Der polternde Alte hatte mit ſeinen
Töchtern aus Verdruß und Liebe zur Ab¬
wechſelung ein vortheilhaftes Engagement
aufgegeben, hatte mit dem Pedanten, den er
unterwegs antraf, einen Wagen gemiethet,
um hieher zu kommen, wo denn auch, wie
ſie fanden, guter Rath theuer war.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/288>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.