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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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so benahm er sich auch jede Aussicht, jede
Lust, die ihn von dieser Seite noch allenfalls
hätte wieder aufrichten können.

Seinem Schauspieler-Talente ging es
nicht besser. Er schalt sich, daß er nicht frü¬
her die Eitelkeit entdeckt, die allein dieser
Anmaßung zum Grunde gelegen. Seine Fi¬
gur, sein Gang, seine Bewegung und Dekla¬
mation mußten herhalten, und so sprach er
sich jede Art von Vorzug, jedes Verdienst,
das ihn über das Gemeine empor gehoben
hätte, entscheidend ab, und vermehrte seine
stumme Verzweiflung dadurch auf den höch¬
sten Grad. Denn, wenn es hart ist, der
Liebe eines Weibes zu entsagen, so ist die
Empfindung nicht weniger schmerzlich, von
dem Umgange der Musen sich los zu reissen,
sich ihrer Gemeinschaft auf immer unwürdig
zu erklären, und auf den schönsten und näch¬
sten Beyfall, der unsrer Person, unserm Be¬

W. Meisters Lehrj. N

ſo benahm er ſich auch jede Ausſicht, jede
Luſt, die ihn von dieſer Seite noch allenfalls
hätte wieder aufrichten können.

Seinem Schauſpieler-Talente ging es
nicht beſſer. Er ſchalt ſich, daß er nicht frü¬
her die Eitelkeit entdeckt, die allein dieſer
Anmaßung zum Grunde gelegen. Seine Fi¬
gur, ſein Gang, ſeine Bewegung und Dekla¬
mation mußten herhalten, und ſo ſprach er
ſich jede Art von Vorzug, jedes Verdienſt,
das ihn über das Gemeine empor gehoben
hätte, entſcheidend ab, und vermehrte ſeine
ſtumme Verzweiflung dadurch auf den höch¬
ſten Grad. Denn, wenn es hart iſt, der
Liebe eines Weibes zu entſagen, ſo iſt die
Empfindung nicht weniger ſchmerzlich, von
dem Umgange der Muſen ſich los zu reiſſen,
ſich ihrer Gemeinſchaft auf immer unwürdig
zu erklären, und auf den ſchönſten und näch¬
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W. Meiſters Lehrj. N
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[193/0201] ſo benahm er ſich auch jede Ausſicht, jede Luſt, die ihn von dieſer Seite noch allenfalls hätte wieder aufrichten können. Seinem Schauſpieler-Talente ging es nicht beſſer. Er ſchalt ſich, daß er nicht frü¬ her die Eitelkeit entdeckt, die allein dieſer Anmaßung zum Grunde gelegen. Seine Fi¬ gur, ſein Gang, ſeine Bewegung und Dekla¬ mation mußten herhalten, und ſo ſprach er ſich jede Art von Vorzug, jedes Verdienſt, das ihn über das Gemeine empor gehoben hätte, entſcheidend ab, und vermehrte ſeine ſtumme Verzweiflung dadurch auf den höch¬ ſten Grad. Denn, wenn es hart iſt, der Liebe eines Weibes zu entſagen, ſo iſt die Empfindung nicht weniger ſchmerzlich, von dem Umgange der Muſen ſich los zu reiſſen, ſich ihrer Gemeinſchaft auf immer unwürdig zu erklären, und auf den ſchönſten und näch¬ ſten Beyfall, der unſrer Perſon, unſerm Be¬ W. Meiſters Lehrj. N

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/201>, abgerufen am 27.11.2024.