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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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lebendig in deiner Seele die Gestalten wür¬
kender Menschen, wärmte deine Brust ein
theilnehmendes Feuer, verbreitete sich über
deine ganze Gestalt die Stimmung, die aus
dem innersten kommt, wären die Töne dei¬
ner Kehle, die Worte deiner Lippen lieblich
anzuhören, fühltest du dich genug in dir
selbst, so würdest du dir gewiß Ort und Ge¬
legenheit aufsuchen, dich in andern fühlen zu
können.

Unter solchen Worten und Gedanken hat¬
te sich unser Freund ausgekleidet, und stieg
mit einem Gefühle des innigsten Behagens
zu Bette. Ein ganzer Roman, was er an
der Stelle des Unwürdigen morgenden Ta¬
ges thun würde, entwickelte sich in seiner
Seele, angenehme Phantasien begleiteten ihn
in das Reich des Schlafes sanft hinüber,
und überließen ihn dort ihren Geschwistern,
den Träumen, die ihn mit offenen Armen

lebendig in deiner Seele die Geſtalten wür¬
kender Menſchen, wärmte deine Bruſt ein
theilnehmendes Feuer, verbreitete ſich über
deine ganze Geſtalt die Stimmung, die aus
dem innerſten kommt, wären die Töne dei¬
ner Kehle, die Worte deiner Lippen lieblich
anzuhören, fühlteſt du dich genug in dir
ſelbſt, ſo würdeſt du dir gewiß Ort und Ge¬
legenheit aufſuchen, dich in andern fühlen zu
können.

Unter ſolchen Worten und Gedanken hat¬
te ſich unſer Freund ausgekleidet, und ſtieg
mit einem Gefühle des innigſten Behagens
zu Bette. Ein ganzer Roman, was er an
der Stelle des Unwürdigen morgenden Ta¬
ges thun würde, entwickelte ſich in ſeiner
Seele, angenehme Phantaſien begleiteten ihn
in das Reich des Schlafes ſanft hinüber,
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[130/0138] lebendig in deiner Seele die Geſtalten wür¬ kender Menſchen, wärmte deine Bruſt ein theilnehmendes Feuer, verbreitete ſich über deine ganze Geſtalt die Stimmung, die aus dem innerſten kommt, wären die Töne dei¬ ner Kehle, die Worte deiner Lippen lieblich anzuhören, fühlteſt du dich genug in dir ſelbſt, ſo würdeſt du dir gewiß Ort und Ge¬ legenheit aufſuchen, dich in andern fühlen zu können. Unter ſolchen Worten und Gedanken hat¬ te ſich unſer Freund ausgekleidet, und ſtieg mit einem Gefühle des innigſten Behagens zu Bette. Ein ganzer Roman, was er an der Stelle des Unwürdigen morgenden Ta¬ ges thun würde, entwickelte ſich in ſeiner Seele, angenehme Phantaſien begleiteten ihn in das Reich des Schlafes ſanft hinüber, und überließen ihn dort ihren Geſchwiſtern, den Träumen, die ihn mit offenen Armen

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/138>, abgerufen am 25.11.2024.