Wir haben den Vortheil, daß wir den Eigensinn des Directors, der auf die Sitten seiner Truppe stolz ist, vorschützen können. Beide Liebhaber sind schon gewohnt, heimlich und vorsichtig zu Werke zu gehen. Für Stunde und Gelegenheit will ich sorgen, nur mußt du hernach die Rolle spielen, die ich dir vorschreibe. Wer weiß welcher Umstand uns hilft. Käme Norberg nur jetzt, da Wil¬ helm entfernt ist! Wer wehrt dir, in den Ar¬ men des einen an den andern zu denken? Ich wünsche dir zu einem Sohne Glück, er soll einen reichen Vater haben.
Mariane war durch diese Vorstellungen nur für kurze Zeit gebessert. Sie konnte ihren Zustand nicht in Harmonie mit ihrer Empfindung, ihrer Ueberzeugung bringen; sie wünschte diese schmerzlichen Verhältnisse zu vergessen, und tausend kleine Umstände mu߬ ten sie jeden Augenblick daran erinnern.
Wir haben den Vortheil, daß wir den Eigenſinn des Directors, der auf die Sitten ſeiner Truppe ſtolz iſt, vorſchützen können. Beide Liebhaber ſind ſchon gewohnt, heimlich und vorſichtig zu Werke zu gehen. Für Stunde und Gelegenheit will ich ſorgen, nur mußt du hernach die Rolle ſpielen, die ich dir vorſchreibe. Wer weiß welcher Umſtand uns hilft. Käme Norberg nur jetzt, da Wil¬ helm entfernt iſt! Wer wehrt dir, in den Ar¬ men des einen an den andern zu denken? Ich wünſche dir zu einem Sohne Glück, er ſoll einen reichen Vater haben.
Mariane war durch dieſe Vorſtellungen nur für kurze Zeit gebeſſert. Sie konnte ihren Zuſtand nicht in Harmonie mit ihrer Empfindung, ihrer Ueberzeugung bringen; ſie wünſchte dieſe ſchmerzlichen Verhältniſſe zu vergeſſen, und tauſend kleine Umſtände mu߬ ten ſie jeden Augenblick daran erinnern.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0113"n="105"/><p>Wir haben den Vortheil, daß wir den<lb/>
Eigenſinn des Directors, der auf die Sitten<lb/>ſeiner Truppe ſtolz iſt, vorſchützen können.<lb/>
Beide Liebhaber ſind ſchon gewohnt, heimlich<lb/>
und vorſichtig zu Werke zu gehen. Für<lb/>
Stunde und Gelegenheit will ich ſorgen, nur<lb/>
mußt du hernach die Rolle ſpielen, die ich<lb/>
dir vorſchreibe. Wer weiß welcher Umſtand<lb/>
uns hilft. Käme Norberg nur jetzt, da Wil¬<lb/>
helm entfernt iſt! Wer wehrt dir, in den Ar¬<lb/>
men des einen an den andern zu denken?<lb/>
Ich wünſche dir zu einem Sohne Glück, er<lb/>ſoll einen reichen Vater haben.</p><lb/><p>Mariane war durch dieſe Vorſtellungen<lb/>
nur für kurze Zeit gebeſſert. Sie konnte<lb/>
ihren Zuſtand nicht in Harmonie mit ihrer<lb/>
Empfindung, ihrer Ueberzeugung bringen; ſie<lb/>
wünſchte dieſe ſchmerzlichen Verhältniſſe zu<lb/>
vergeſſen, und tauſend kleine Umſtände mu߬<lb/>
ten ſie jeden Augenblick daran erinnern.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[105/0113]
Wir haben den Vortheil, daß wir den
Eigenſinn des Directors, der auf die Sitten
ſeiner Truppe ſtolz iſt, vorſchützen können.
Beide Liebhaber ſind ſchon gewohnt, heimlich
und vorſichtig zu Werke zu gehen. Für
Stunde und Gelegenheit will ich ſorgen, nur
mußt du hernach die Rolle ſpielen, die ich
dir vorſchreibe. Wer weiß welcher Umſtand
uns hilft. Käme Norberg nur jetzt, da Wil¬
helm entfernt iſt! Wer wehrt dir, in den Ar¬
men des einen an den andern zu denken?
Ich wünſche dir zu einem Sohne Glück, er
ſoll einen reichen Vater haben.
Mariane war durch dieſe Vorſtellungen
nur für kurze Zeit gebeſſert. Sie konnte
ihren Zuſtand nicht in Harmonie mit ihrer
Empfindung, ihrer Ueberzeugung bringen; ſie
wünſchte dieſe ſchmerzlichen Verhältniſſe zu
vergeſſen, und tauſend kleine Umſtände mu߬
ten ſie jeden Augenblick daran erinnern.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/113>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.