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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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man wollte finden, daß mir eine Schwester,
der Mutter eine Gehülfinn, dem Vater ein
Lehrling abgehe; und bey diesen Reden blieb
es nicht. Es ergab sich wie von ungefähr, daß
meine Aeltern jenem Frauenzimmer auf einem
Spazirgang begegneten, sie in den Garten ein¬
luden und sich mit ihr längere Zeit unterhielten.
Hierüber ward nun beym Abendtische gescherzt,
und mit einem gewissen Behagen bemerkt,
daß sie dem Vater wohlgefallen, indem sie die
Haupteigenschaften, die er als ein Kenner von
einem Frauenzimmer fordere, sämmtlich besitze.

Hierauf ward im ersten Stock eins und
das andere veranstaltet, eben als wenn man
Gäste zu erwarten habe, das Leinwandgeräte
gemustert, und auch an einigen bisher ver¬
nachlässigten Hausrat gedacht. Da überrasch¬
te ich nun einst meine Mutter, als sie in einer
Bodenkammer die alten Wiegen betrachtete,
worunter eine übergroße von Nußbaum, mit

man wollte finden, daß mir eine Schweſter,
der Mutter eine Gehuͤlfinn, dem Vater ein
Lehrling abgehe; und bey dieſen Reden blieb
es nicht. Es ergab ſich wie von ungefaͤhr, daß
meine Aeltern jenem Frauenzimmer auf einem
Spazirgang begegneten, ſie in den Garten ein¬
luden und ſich mit ihr laͤngere Zeit unterhielten.
Hieruͤber ward nun beym Abendtiſche geſcherzt,
und mit einem gewiſſen Behagen bemerkt,
daß ſie dem Vater wohlgefallen, indem ſie die
Haupteigenſchaften, die er als ein Kenner von
einem Frauenzimmer fordere, ſaͤmmtlich beſitze.

Hierauf ward im erſten Stock eins und
das andere veranſtaltet, eben als wenn man
Gaͤſte zu erwarten habe, das Leinwandgeraͤte
gemuſtert, und auch an einigen bisher ver¬
nachlaͤſſigten Hausrat gedacht. Da uͤberraſch¬
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[537/0545] man wollte finden, daß mir eine Schweſter, der Mutter eine Gehuͤlfinn, dem Vater ein Lehrling abgehe; und bey dieſen Reden blieb es nicht. Es ergab ſich wie von ungefaͤhr, daß meine Aeltern jenem Frauenzimmer auf einem Spazirgang begegneten, ſie in den Garten ein¬ luden und ſich mit ihr laͤngere Zeit unterhielten. Hieruͤber ward nun beym Abendtiſche geſcherzt, und mit einem gewiſſen Behagen bemerkt, daß ſie dem Vater wohlgefallen, indem ſie die Haupteigenſchaften, die er als ein Kenner von einem Frauenzimmer fordere, ſaͤmmtlich beſitze. Hierauf ward im erſten Stock eins und das andere veranſtaltet, eben als wenn man Gaͤſte zu erwarten habe, das Leinwandgeraͤte gemuſtert, und auch an einigen bisher ver¬ nachlaͤſſigten Hausrat gedacht. Da uͤberraſch¬ te ich nun einſt meine Mutter, als ſie in einer Bodenkammer die alten Wiegen betrachtete, worunter eine uͤbergroße von Nußbaum, mit

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/545>, abgerufen am 24.11.2024.