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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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in meiner gegenwärtigen Lage mehr als je¬
mals bedurfte. Man erzählte mir zu meiner
Beruhigung, daß ein frommer Tod sich an
ein seliges Leben angeschlossen und ihre gläu¬
bige Heiterkeit sich bis ans Ende ungetrübt
erhalten habe. Noch ein anderes Hinderniß
stellte sich einer freyen Mittheilung entgegen:
mein Vater, anstatt sich über den guten Aus¬
gang dieses kleinen Abenteuers zu freuen, ver¬
harrte auf seinem Sinne und behauptete, die¬
ses alles sey von jener Seite nur Verstellung,
und man gedenke vielleicht in der Folge et¬
was schlimmeres gegen mich auszuführen.
Ich war daher mit meiner Erzählung zu den
jüngern Freunden hingedrängt, denen ich
denn freilich die Sache nicht umständlich ge¬
nug überliefern konnte. Aber auch hier ent¬
sprang aus Neigung und gutem Willen eine
mir höchst unangenehme Folge: denn kurz
darauf erschien eine Flugschrift, Prome¬
theus und seine Recensenten
, gleich¬
falls in dramatischer Form. Man hatte darin

in meiner gegenwaͤrtigen Lage mehr als je¬
mals bedurfte. Man erzaͤhlte mir zu meiner
Beruhigung, daß ein frommer Tod ſich an
ein ſeliges Leben angeſchloſſen und ihre glaͤu¬
bige Heiterkeit ſich bis ans Ende ungetruͤbt
erhalten habe. Noch ein anderes Hinderniß
ſtellte ſich einer freyen Mittheilung entgegen:
mein Vater, anſtatt ſich uͤber den guten Aus¬
gang dieſes kleinen Abenteuers zu freuen, ver¬
harrte auf ſeinem Sinne und behauptete, die¬
ſes alles ſey von jener Seite nur Verſtellung,
und man gedenke vielleicht in der Folge et¬
was ſchlimmeres gegen mich auszufuͤhren.
Ich war daher mit meiner Erzaͤhlung zu den
juͤngern Freunden hingedraͤngt, denen ich
denn freilich die Sache nicht umſtaͤndlich ge¬
nug uͤberliefern konnte. Aber auch hier ent¬
ſprang aus Neigung und gutem Willen eine
mir hoͤchſt unangenehme Folge: denn kurz
darauf erſchien eine Flugſchrift, Prome¬
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[503/0511] in meiner gegenwaͤrtigen Lage mehr als je¬ mals bedurfte. Man erzaͤhlte mir zu meiner Beruhigung, daß ein frommer Tod ſich an ein ſeliges Leben angeſchloſſen und ihre glaͤu¬ bige Heiterkeit ſich bis ans Ende ungetruͤbt erhalten habe. Noch ein anderes Hinderniß ſtellte ſich einer freyen Mittheilung entgegen: mein Vater, anſtatt ſich uͤber den guten Aus¬ gang dieſes kleinen Abenteuers zu freuen, ver¬ harrte auf ſeinem Sinne und behauptete, die¬ ſes alles ſey von jener Seite nur Verſtellung, und man gedenke vielleicht in der Folge et¬ was ſchlimmeres gegen mich auszufuͤhren. Ich war daher mit meiner Erzaͤhlung zu den juͤngern Freunden hingedraͤngt, denen ich denn freilich die Sache nicht umſtaͤndlich ge¬ nug uͤberliefern konnte. Aber auch hier ent¬ ſprang aus Neigung und gutem Willen eine mir hoͤchſt unangenehme Folge: denn kurz darauf erſchien eine Flugſchrift, Prome¬ theus und ſeine Recenſenten, gleich¬ falls in dramatiſcher Form. Man hatte darin

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/511>, abgerufen am 24.11.2024.