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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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So eben da ich aus alten Denkblättchen
die vorstehenden Reime zusammensuche, fal¬
len mir mehr solche lustige Uebungen in die
Hände, wo wir alte deutsche Kernworte am¬
plificirt und ihnen sodann andere Sprüchlein,
welche sich in der Erfahrung eben so gut be¬
wahrheiten, entgegengesetzt hatten. Eine Aus¬
wahl derselben mag dereinst als Epilog der
Puppenspiele zu einem heiteren Denken An¬
laß geben.

Durch alle solche Erwiederungen ließ sich
jedoch mein Vater von seinen Gesinnungen nicht
abwendig machen. Er pflegte gewöhnlich sein
stärkstes Argument bis zum Schlusse der Un¬
terhaltung aufzusparen, da er denn Voltaire's
Abenteuer mit Friedrich dem Zweyten umständ¬
lich ausmalte: wie die übergroße Gunst, die
Familiarität, die wechselseitigen Verbindlich¬
keiten auf einmal aufgehoben und verschwun¬
den, und wir das Schauspiel erlebt, daß je¬
ner außerordentliche Dichter und Schriftsteller,

So eben da ich aus alten Denkblaͤttchen
die vorſtehenden Reime zuſammenſuche, fal¬
len mir mehr ſolche luſtige Uebungen in die
Haͤnde, wo wir alte deutſche Kernworte am¬
plificirt und ihnen ſodann andere Spruͤchlein,
welche ſich in der Erfahrung eben ſo gut be¬
wahrheiten, entgegengeſetzt hatten. Eine Aus¬
wahl derſelben mag dereinſt als Epilog der
Puppenſpiele zu einem heiteren Denken An¬
laß geben.

Durch alle ſolche Erwiederungen ließ ſich
jedoch mein Vater von ſeinen Geſinnungen nicht
abwendig machen. Er pflegte gewoͤhnlich ſein
ſtaͤrkſtes Argument bis zum Schluſſe der Un¬
terhaltung aufzuſparen, da er denn Voltaire's
Abenteuer mit Friedrich dem Zweyten umſtaͤnd¬
lich ausmalte: wie die uͤbergroße Gunſt, die
Familiaritaͤt, die wechſelſeitigen Verbindlich¬
keiten auf einmal aufgehoben und verſchwun¬
den, und wir das Schauſpiel erlebt, daß je¬
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[494/0502] So eben da ich aus alten Denkblaͤttchen die vorſtehenden Reime zuſammenſuche, fal¬ len mir mehr ſolche luſtige Uebungen in die Haͤnde, wo wir alte deutſche Kernworte am¬ plificirt und ihnen ſodann andere Spruͤchlein, welche ſich in der Erfahrung eben ſo gut be¬ wahrheiten, entgegengeſetzt hatten. Eine Aus¬ wahl derſelben mag dereinſt als Epilog der Puppenſpiele zu einem heiteren Denken An¬ laß geben. Durch alle ſolche Erwiederungen ließ ſich jedoch mein Vater von ſeinen Geſinnungen nicht abwendig machen. Er pflegte gewoͤhnlich ſein ſtaͤrkſtes Argument bis zum Schluſſe der Un¬ terhaltung aufzuſparen, da er denn Voltaire's Abenteuer mit Friedrich dem Zweyten umſtaͤnd¬ lich ausmalte: wie die uͤbergroße Gunſt, die Familiaritaͤt, die wechſelſeitigen Verbindlich¬ keiten auf einmal aufgehoben und verſchwun¬ den, und wir das Schauſpiel erlebt, daß je¬ ner außerordentliche Dichter und Schriftſteller,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/502>, abgerufen am 23.11.2024.