mich hiezu anzuschicken, führte ich ihn zu meinen Eltern, die über seine Ankunft und Botschaft höchst verwundert, mit ihm sich ganz vergnüglich unterhielten. Ich eilte nun¬ mehr mit demselben zu den jungen Fürsten, die mich sehr frey und freundlich empfingen, so wie auch der Führer des Erbprinzen, Graf Görtz, mich nicht ungern zu sehen schien. Ob es nun gleich an literarischer Un¬ terhaltung nicht fehlte, so machte doch ein Zufall die beste Einleitung, daß sie gar bald bedeutend und fruchtbar werden konnte.
Es lagen nämlich Mösers patriotische Phantasieen und zwar der erste Theil, frisch geheftet und unaufgeschnitten, auf dem Tische. Da ich sie nun sehr gut, die Gesellschaft sie aber wenig kannte, so hatte ich den Vortheil, davon eine ausführliche Relation liefern zu können; und hier fand sich der schicklichste Anlaß zu einem Gespräch mit einem jungen Fürsten, der den besten Willen und den festen
mich hiezu anzuſchicken, fuͤhrte ich ihn zu meinen Eltern, die uͤber ſeine Ankunft und Botſchaft hoͤchſt verwundert, mit ihm ſich ganz vergnuͤglich unterhielten. Ich eilte nun¬ mehr mit demſelben zu den jungen Fuͤrſten, die mich ſehr frey und freundlich empfingen, ſo wie auch der Fuͤhrer des Erbprinzen, Graf Goͤrtz, mich nicht ungern zu ſehen ſchien. Ob es nun gleich an literariſcher Un¬ terhaltung nicht fehlte, ſo machte doch ein Zufall die beſte Einleitung, daß ſie gar bald bedeutend und fruchtbar werden konnte.
Es lagen naͤmlich Moͤſers patriotiſche Phantaſieen und zwar der erſte Theil, friſch geheftet und unaufgeſchnitten, auf dem Tiſche. Da ich ſie nun ſehr gut, die Geſellſchaft ſie aber wenig kannte, ſo hatte ich den Vortheil, davon eine ausfuͤhrliche Relation liefern zu koͤnnen; und hier fand ſich der ſchicklichſte Anlaß zu einem Geſpraͤch mit einem jungen Fuͤrſten, der den beſten Willen und den feſten
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0493"n="485"/>
mich hiezu anzuſchicken, fuͤhrte ich ihn zu<lb/>
meinen Eltern, die uͤber ſeine Ankunft und<lb/>
Botſchaft hoͤchſt verwundert, mit ihm ſich<lb/>
ganz vergnuͤglich unterhielten. Ich eilte nun¬<lb/>
mehr mit demſelben zu den jungen Fuͤrſten,<lb/>
die mich ſehr frey und freundlich empfingen,<lb/>ſo wie auch der Fuͤhrer des Erbprinzen,<lb/>
Graf <hirendition="#g">Goͤrtz</hi>, mich nicht ungern zu ſehen<lb/>ſchien. Ob es nun gleich an literariſcher Un¬<lb/>
terhaltung nicht fehlte, ſo machte doch ein<lb/>
Zufall die beſte Einleitung, daß ſie gar bald<lb/>
bedeutend und fruchtbar werden konnte.</p><lb/><p>Es lagen naͤmlich Moͤſers patriotiſche<lb/>
Phantaſieen und zwar der erſte Theil, friſch<lb/>
geheftet und unaufgeſchnitten, auf dem Tiſche.<lb/>
Da ich ſie nun ſehr gut, die Geſellſchaft ſie<lb/>
aber wenig kannte, ſo hatte ich den Vortheil,<lb/>
davon eine ausfuͤhrliche Relation liefern zu<lb/>
koͤnnen; und hier fand ſich der ſchicklichſte<lb/>
Anlaß zu einem Geſpraͤch mit einem jungen<lb/>
Fuͤrſten, der den beſten Willen und den feſten<lb/></p></div></body></text></TEI>
[485/0493]
mich hiezu anzuſchicken, fuͤhrte ich ihn zu
meinen Eltern, die uͤber ſeine Ankunft und
Botſchaft hoͤchſt verwundert, mit ihm ſich
ganz vergnuͤglich unterhielten. Ich eilte nun¬
mehr mit demſelben zu den jungen Fuͤrſten,
die mich ſehr frey und freundlich empfingen,
ſo wie auch der Fuͤhrer des Erbprinzen,
Graf Goͤrtz, mich nicht ungern zu ſehen
ſchien. Ob es nun gleich an literariſcher Un¬
terhaltung nicht fehlte, ſo machte doch ein
Zufall die beſte Einleitung, daß ſie gar bald
bedeutend und fruchtbar werden konnte.
Es lagen naͤmlich Moͤſers patriotiſche
Phantaſieen und zwar der erſte Theil, friſch
geheftet und unaufgeſchnitten, auf dem Tiſche.
Da ich ſie nun ſehr gut, die Geſellſchaft ſie
aber wenig kannte, ſo hatte ich den Vortheil,
davon eine ausfuͤhrliche Relation liefern zu
koͤnnen; und hier fand ſich der ſchicklichſte
Anlaß zu einem Geſpraͤch mit einem jungen
Fuͤrſten, der den beſten Willen und den feſten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/493>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.