suchte dieses durch fleißiges Studium der Ge¬ schichte, und durch genaue Bemerkung der¬ jenigen die sich zu meinem Sinne hingeneigt hatten, zu begründen und aufzubauen.
Weil nun aber alles was ich mit Liebe in mich aufnahm, sich sogleich zu einer dichteri¬ schen Form anlegte, so ergriff ich den wun¬ derlichen Einfall, die Geschichte des ewi¬ gen Juden, die sich schon früh durch die Volksbücher bey mir eingedrückt hatte, episch zu behandeln, um an diesem Leitfaden die her¬ vorstehenden Puncte der Religions- und Kir¬ chengeschichte nach Befinden darzustellen. Wie ich mir aber die Fabel gebildet, und welchen Sinn ich ihr untergelegt, gedenke ich nun¬ mehr zu erzählen.
In Jerusalem befand sich ein Schuster, dem die Legende den Namen Ahasverus giebt. Zu diesem hatte mir mein Dresdner Schuster die Grundzüge geliefert. Ich hatte
ſuchte dieſes durch fleißiges Studium der Ge¬ ſchichte, und durch genaue Bemerkung der¬ jenigen die ſich zu meinem Sinne hingeneigt hatten, zu begruͤnden und aufzubauen.
Weil nun aber alles was ich mit Liebe in mich aufnahm, ſich ſogleich zu einer dichteri¬ ſchen Form anlegte, ſo ergriff ich den wun¬ derlichen Einfall, die Geſchichte des ewi¬ gen Juden, die ſich ſchon fruͤh durch die Volksbuͤcher bey mir eingedruͤckt hatte, epiſch zu behandeln, um an dieſem Leitfaden die her¬ vorſtehenden Puncte der Religions- und Kir¬ chengeſchichte nach Befinden darzuſtellen. Wie ich mir aber die Fabel gebildet, und welchen Sinn ich ihr untergelegt, gedenke ich nun¬ mehr zu erzaͤhlen.
In Jeruſalem befand ſich ein Schuſter, dem die Legende den Namen Ahasverus giebt. Zu dieſem hatte mir mein Dresdner Schuſter die Grundzuͤge geliefert. Ich hatte
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ſuchte dieſes durch fleißiges Studium der Ge¬
ſchichte, und durch genaue Bemerkung der¬
jenigen die ſich zu meinem Sinne hingeneigt
hatten, zu begruͤnden und aufzubauen.
Weil nun aber alles was ich mit Liebe in
mich aufnahm, ſich ſogleich zu einer dichteri¬
ſchen Form anlegte, ſo ergriff ich den wun¬
derlichen Einfall, die Geſchichte des ewi¬
gen Juden, die ſich ſchon fruͤh durch die
Volksbuͤcher bey mir eingedruͤckt hatte, epiſch
zu behandeln, um an dieſem Leitfaden die her¬
vorſtehenden Puncte der Religions- und Kir¬
chengeſchichte nach Befinden darzuſtellen. Wie
ich mir aber die Fabel gebildet, und welchen
Sinn ich ihr untergelegt, gedenke ich nun¬
mehr zu erzaͤhlen.
In Jeruſalem befand ſich ein Schuſter,
dem die Legende den Namen Ahasverus
giebt. Zu dieſem hatte mir mein Dresdner
Schuſter die Grundzuͤge geliefert. Ich hatte
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/476>, abgerufen am 23.11.2024.
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