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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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ließen. Die betriebsame Gegend gab einen
beruhigenden Anblick, weil das Nützliche hier
aus Ordnung und Reinlichkeit hervortrat.
Wir verlebten in diesen Betrachtungen glück¬
liche Tage.

Kehrte ich dann wieder zu meinem Freun¬
de Jacobi zurück, so genoß ich des entzücken¬
den Gefühls einer Verbindung durch das in¬
nerste Gemüth. Wir waren beyde von der
lebendigsten Hoffnung gemeinsamer Wirkung
belebt, dringend forderte ich ihn auf, alles
was in ihm sich rege und bewege, in irgend
einer Form kräftig darzustellen. Es war das
Mittel, wodurch ich mich aus so viel Ver¬
wirrungen herausgerissen hatte, ich hoffte, es
solle auch ihm zusagen. Er säumte nicht, es
mit Muth zu ergreifen, und wie viel Gutes,
Schönes, Herzerfreuendes hat er nicht ge¬
leistet! Und so schieden wir endlich in der
seligen Empfindung ewiger Vereinigung, ganz

ließen. Die betriebſame Gegend gab einen
beruhigenden Anblick, weil das Nuͤtzliche hier
aus Ordnung und Reinlichkeit hervortrat.
Wir verlebten in dieſen Betrachtungen gluͤck¬
liche Tage.

Kehrte ich dann wieder zu meinem Freun¬
de Jacobi zuruͤck, ſo genoß ich des entzuͤcken¬
den Gefuͤhls einer Verbindung durch das in¬
nerſte Gemuͤth. Wir waren beyde von der
lebendigſten Hoffnung gemeinſamer Wirkung
belebt, dringend forderte ich ihn auf, alles
was in ihm ſich rege und bewege, in irgend
einer Form kraͤftig darzuſtellen. Es war das
Mittel, wodurch ich mich aus ſo viel Ver¬
wirrungen herausgeriſſen hatte, ich hoffte, es
ſolle auch ihm zuſagen. Er ſaͤumte nicht, es
mit Muth zu ergreifen, und wie viel Gutes,
Schoͤnes, Herzerfreuendes hat er nicht ge¬
leiſtet! Und ſo ſchieden wir endlich in der
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[448/0456] ließen. Die betriebſame Gegend gab einen beruhigenden Anblick, weil das Nuͤtzliche hier aus Ordnung und Reinlichkeit hervortrat. Wir verlebten in dieſen Betrachtungen gluͤck¬ liche Tage. Kehrte ich dann wieder zu meinem Freun¬ de Jacobi zuruͤck, ſo genoß ich des entzuͤcken¬ den Gefuͤhls einer Verbindung durch das in¬ nerſte Gemuͤth. Wir waren beyde von der lebendigſten Hoffnung gemeinſamer Wirkung belebt, dringend forderte ich ihn auf, alles was in ihm ſich rege und bewege, in irgend einer Form kraͤftig darzuſtellen. Es war das Mittel, wodurch ich mich aus ſo viel Ver¬ wirrungen herausgeriſſen hatte, ich hoffte, es ſolle auch ihm zuſagen. Er ſaͤumte nicht, es mit Muth zu ergreifen, und wie viel Gutes, Schoͤnes, Herzerfreuendes hat er nicht ge¬ leiſtet! Und ſo ſchieden wir endlich in der ſeligen Empfindung ewiger Vereinigung, ganz

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/456>, abgerufen am 27.11.2024.