für sich, so wie in allen Verhältnissen beste¬ hen, man suchte sie nur deutlich zu fassen und lebhaft abzubilden. Alles Urtheil, billi¬ gend oder misbilligend, sollte sich vor den Augen des Beschauers in lebendigen Formen bewegen. Man könnte diese Productionen belebte Sinngedichte nennen, die ohne Schär¬ fe und Spitzen, mit treffenden und entschei¬ denden Zügen reichlich ausgestattet waren. Das Jahrmarktsfest ist ein solches, oder vielmehr eine Sammlung solcher Epigramme. Unter allen dort auftretenden Masken sind wirkliche, in jener Societät lebende Glieder, oder ihr wenigstens verbundene und einiger¬ maßen bekannte Personen gemeynt; aber der Sinn des Räthsels blieb den meisten verbor¬ gen, alle lachten, und wenige wußten, daß ihnen ihre eigensten Eigenheiten zum Scherze dienten. Der Prolog zu Barths neue¬ sten Offenbarungen gilt für einen Be¬ leg anderer Art; die kleinsten finden sich un¬ ter den gemischten Gedichten, sehr viele sind
fuͤr ſich, ſo wie in allen Verhaͤltniſſen beſte¬ hen, man ſuchte ſie nur deutlich zu faſſen und lebhaft abzubilden. Alles Urtheil, billi¬ gend oder misbilligend, ſollte ſich vor den Augen des Beſchauers in lebendigen Formen bewegen. Man koͤnnte dieſe Productionen belebte Sinngedichte nennen, die ohne Schaͤr¬ fe und Spitzen, mit treffenden und entſchei¬ denden Zuͤgen reichlich ausgeſtattet waren. Das Jahrmarktsfeſt iſt ein ſolches, oder vielmehr eine Sammlung ſolcher Epigramme. Unter allen dort auftretenden Masken ſind wirkliche, in jener Societaͤt lebende Glieder, oder ihr wenigſtens verbundene und einiger¬ maßen bekannte Perſonen gemeynt; aber der Sinn des Raͤthſels blieb den meiſten verbor¬ gen, alle lachten, und wenige wußten, daß ihnen ihre eigenſten Eigenheiten zum Scherze dienten. Der Prolog zu Barths neue¬ ſten Offenbarungen gilt fuͤr einen Be¬ leg anderer Art; die kleinſten finden ſich un¬ ter den gemiſchten Gedichten, ſehr viele ſind
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fuͤr ſich, ſo wie in allen Verhaͤltniſſen beſte¬
hen, man ſuchte ſie nur deutlich zu faſſen
und lebhaft abzubilden. Alles Urtheil, billi¬
gend oder misbilligend, ſollte ſich vor den
Augen des Beſchauers in lebendigen Formen
bewegen. Man koͤnnte dieſe Productionen
belebte Sinngedichte nennen, die ohne Schaͤr¬
fe und Spitzen, mit treffenden und entſchei¬
denden Zuͤgen reichlich ausgeſtattet waren.
Das Jahrmarktsfeſt iſt ein ſolches, oder
vielmehr eine Sammlung ſolcher Epigramme.
Unter allen dort auftretenden Masken ſind
wirkliche, in jener Societaͤt lebende Glieder,
oder ihr wenigſtens verbundene und einiger¬
maßen bekannte Perſonen gemeynt; aber der
Sinn des Raͤthſels blieb den meiſten verbor¬
gen, alle lachten, und wenige wußten, daß
ihnen ihre eigenſten Eigenheiten zum Scherze
dienten. Der Prolog zu Barths neue¬
ſten Offenbarungen gilt fuͤr einen Be¬
leg anderer Art; die kleinſten finden ſich un¬
ter den gemiſchten Gedichten, ſehr viele ſind
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/370>, abgerufen am 24.11.2024.
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