schungen hoffte ich in einiger Zeit loszuwer¬ den; allein sie begleiteten mich durch's ganze Leben. Ich suchte mich davor auf Reisen durch's Incognito zu retten, aber auch dieses Hülfsmittel wurde mir unversehens vereitelt, und so war der Verfasser jenes Werkleins, wenn er ja etwas Unrechtes und Schädliches gethan, dafür genugsam, ja übermäßig durch solche unausweichliche Zudringlichkeiten bestraft.
Auf diese Weise bedrängt, ward er nur allzu sehr gewahr, daß Autoren und Publicum durch eine ungeheuere Kluft getrennt sind, wovon sie, zu ihrem Glück, beyderseits kei¬ nen Begriff haben. Wie vergeblich daher alle Vorreden seyen, hatte er schon längst einge¬ sehen: denn jemehr man seine Absicht klar zu machen gedenkt, zu desto mehr Verwirrung giebt man Anlaß. Ferner mag ein Autor be¬ vorworten so viel er will, das Publicum wird immer fortfahren, die Forderungen an ihn zu machen, die er schon abzulehnen suchte. Mit
ſchungen hoffte ich in einiger Zeit loszuwer¬ den; allein ſie begleiteten mich durch's ganze Leben. Ich ſuchte mich davor auf Reiſen durch's Incognito zu retten, aber auch dieſes Huͤlfsmittel wurde mir unverſehens vereitelt, und ſo war der Verfaſſer jenes Werkleins, wenn er ja etwas Unrechtes und Schaͤdliches gethan, dafuͤr genugſam, ja uͤbermaͤßig durch ſolche unausweichliche Zudringlichkeiten beſtraft.
Auf dieſe Weiſe bedraͤngt, ward er nur allzu ſehr gewahr, daß Autoren und Publicum durch eine ungeheuere Kluft getrennt ſind, wovon ſie, zu ihrem Gluͤck, beyderſeits kei¬ nen Begriff haben. Wie vergeblich daher alle Vorreden ſeyen, hatte er ſchon laͤngſt einge¬ ſehen: denn jemehr man ſeine Abſicht klar zu machen gedenkt, zu deſto mehr Verwirrung giebt man Anlaß. Ferner mag ein Autor be¬ vorworten ſo viel er will, das Publicum wird immer fortfahren, die Forderungen an ihn zu machen, die er ſchon abzulehnen ſuchte. Mit
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ſchungen hoffte ich in einiger Zeit loszuwer¬
den; allein ſie begleiteten mich durch's ganze
Leben. Ich ſuchte mich davor auf Reiſen
durch's Incognito zu retten, aber auch dieſes
Huͤlfsmittel wurde mir unverſehens vereitelt,
und ſo war der Verfaſſer jenes Werkleins,
wenn er ja etwas Unrechtes und Schaͤdliches
gethan, dafuͤr genugſam, ja uͤbermaͤßig durch
ſolche unausweichliche Zudringlichkeiten beſtraft.
Auf dieſe Weiſe bedraͤngt, ward er nur
allzu ſehr gewahr, daß Autoren und Publicum
durch eine ungeheuere Kluft getrennt ſind,
wovon ſie, zu ihrem Gluͤck, beyderſeits kei¬
nen Begriff haben. Wie vergeblich daher alle
Vorreden ſeyen, hatte er ſchon laͤngſt einge¬
ſehen: denn jemehr man ſeine Abſicht klar zu
machen gedenkt, zu deſto mehr Verwirrung
giebt man Anlaß. Ferner mag ein Autor be¬
vorworten ſo viel er will, das Publicum wird
immer fortfahren, die Forderungen an ihn zu
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/366>, abgerufen am 25.11.2024.
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