Ministerium, auf Gesandtschaftsposten, theils die ersten:, theils untere Rollen gespielt, und sich bey inneren Unruhen, Staats- und Re¬ gierungsveränderungen mitwirkend erwiesen, und wo nicht an sich selbst, doch an ihren Freun¬ den und Gönnern öfter traurige als erfreuli¬ che Erfahrungen gemacht! Wie viele sind ver¬ bannt, vertrieben, im Gefängniß gehalten, an ihren Gütern beschädigt worden!
Aber auch nur Zuschauer von so großen Ereignissen zu seyn, fordert den Menschen zum Ernst auf, und wohin kann der Ernst weiter führen, als zur Betrachtung der Ver¬ gänglichkeit und des Unwerths aller irdischen Dinge. Ernsthaft ist auch der Deutsche, und so war ihm die englische Poesie höchst gemäß, und, weil sie sich aus einem höheren Zustande herschrieb, imposant. Man fin¬ det in ihr durchaus einen großen, tüchti¬ gen, weltgeübten Verstand, ein tiefes, zar¬ tes Gemüth, ein vortreffliches Wollen, ein
Miniſterium, auf Geſandtſchaftspoſten, theils die erſten:, theils untere Rollen geſpielt, und ſich bey inneren Unruhen, Staats- und Re¬ gierungsveraͤnderungen mitwirkend erwieſen, und wo nicht an ſich ſelbſt, doch an ihren Freun¬ den und Goͤnnern oͤfter traurige als erfreuli¬ che Erfahrungen gemacht! Wie viele ſind ver¬ bannt, vertrieben, im Gefaͤngniß gehalten, an ihren Guͤtern beſchaͤdigt worden!
Aber auch nur Zuſchauer von ſo großen Ereigniſſen zu ſeyn, fordert den Menſchen zum Ernſt auf, und wohin kann der Ernſt weiter fuͤhren, als zur Betrachtung der Ver¬ gaͤnglichkeit und des Unwerths aller irdiſchen Dinge. Ernſthaft iſt auch der Deutſche, und ſo war ihm die engliſche Poeſie hoͤchſt gemaͤß, und, weil ſie ſich aus einem hoͤheren Zuſtande herſchrieb, impoſant. Man fin¬ det in ihr durchaus einen großen, tuͤchti¬ gen, weltgeuͤbten Verſtand, ein tiefes, zar¬ tes Gemuͤth, ein vortreffliches Wollen, ein
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0334"n="326"/>
Miniſterium, auf Geſandtſchaftspoſten, theils<lb/>
die erſten:, theils untere Rollen geſpielt, und<lb/>ſich bey inneren Unruhen, Staats- und Re¬<lb/>
gierungsveraͤnderungen mitwirkend erwieſen,<lb/>
und wo nicht an ſich ſelbſt, doch an ihren Freun¬<lb/>
den und Goͤnnern oͤfter traurige als erfreuli¬<lb/>
che Erfahrungen gemacht! Wie viele ſind ver¬<lb/>
bannt, vertrieben, im Gefaͤngniß gehalten,<lb/>
an ihren Guͤtern beſchaͤdigt worden!</p><lb/><p>Aber auch nur Zuſchauer von ſo großen<lb/>
Ereigniſſen zu ſeyn, fordert den Menſchen<lb/>
zum Ernſt auf, und wohin kann der Ernſt<lb/>
weiter fuͤhren, als zur Betrachtung der Ver¬<lb/>
gaͤnglichkeit und des Unwerths aller irdiſchen<lb/>
Dinge. Ernſthaft iſt auch der Deutſche,<lb/>
und ſo war ihm die engliſche Poeſie hoͤchſt<lb/>
gemaͤß, und, weil ſie ſich aus einem hoͤheren<lb/>
Zuſtande herſchrieb, impoſant. Man fin¬<lb/>
det in ihr durchaus einen großen, tuͤchti¬<lb/>
gen, weltgeuͤbten Verſtand, ein tiefes, zar¬<lb/>
tes Gemuͤth, ein vortreffliches Wollen, ein<lb/></p></div></body></text></TEI>
[326/0334]
Miniſterium, auf Geſandtſchaftspoſten, theils
die erſten:, theils untere Rollen geſpielt, und
ſich bey inneren Unruhen, Staats- und Re¬
gierungsveraͤnderungen mitwirkend erwieſen,
und wo nicht an ſich ſelbſt, doch an ihren Freun¬
den und Goͤnnern oͤfter traurige als erfreuli¬
che Erfahrungen gemacht! Wie viele ſind ver¬
bannt, vertrieben, im Gefaͤngniß gehalten,
an ihren Guͤtern beſchaͤdigt worden!
Aber auch nur Zuſchauer von ſo großen
Ereigniſſen zu ſeyn, fordert den Menſchen
zum Ernſt auf, und wohin kann der Ernſt
weiter fuͤhren, als zur Betrachtung der Ver¬
gaͤnglichkeit und des Unwerths aller irdiſchen
Dinge. Ernſthaft iſt auch der Deutſche,
und ſo war ihm die engliſche Poeſie hoͤchſt
gemaͤß, und, weil ſie ſich aus einem hoͤheren
Zuſtande herſchrieb, impoſant. Man fin¬
det in ihr durchaus einen großen, tuͤchti¬
gen, weltgeuͤbten Verſtand, ein tiefes, zar¬
tes Gemuͤth, ein vortreffliches Wollen, ein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/334>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.