Zu den allergottlosesten Schaubildern aber er¬ kohr man die obersten Chargen und Stellen des Hof- und Civiletats im Adreßcalender, in welcher vornehmen Gesellschaft denn doch noch die Justiziarien, als Bösewichter der ersten Instanz, ihren Platz fanden.
Doch indem ich schon fürchten muß, über die Zeit hinausgegriffen zu haben, von der hier die Rede seyn kann, kehre ich auf mich selbst zurück, um des Dranges zu erwähnen, den ich empfand, mich in freyen Stunden mit den einmal ausgesonnenen theatralischen Pla¬ nen zu beschäftigen.
Durch die fortdauernde Theilnahme an Shakspeares Werken hatte ich mir den Geist so ausgeweitet, daß mir der enge Bühnen¬ raum und die kurze, einer Vorstellung zuge¬ messene Zeit keineswegs hinlänglich schienen, um etwas Bedeutendes vorzutragen. Das Leben des biedern Goetz von Berlichingen,
Zu den allergottloſeſten Schaubildern aber er¬ kohr man die oberſten Chargen und Stellen des Hof- und Civiletats im Adreßcalender, in welcher vornehmen Geſellſchaft denn doch noch die Juſtiziarien, als Boͤſewichter der erſten Inſtanz, ihren Platz fanden.
Doch indem ich ſchon fuͤrchten muß, uͤber die Zeit hinausgegriffen zu haben, von der hier die Rede ſeyn kann, kehre ich auf mich ſelbſt zuruͤck, um des Dranges zu erwaͤhnen, den ich empfand, mich in freyen Stunden mit den einmal ausgeſonnenen theatraliſchen Pla¬ nen zu beſchaͤftigen.
Durch die fortdauernde Theilnahme an Shakspeares Werken hatte ich mir den Geiſt ſo ausgeweitet, daß mir der enge Buͤhnen¬ raum und die kurze, einer Vorſtellung zuge¬ meſſene Zeit keineswegs hinlaͤnglich ſchienen, um etwas Bedeutendes vorzutragen. Das Leben des biedern Goetz von Berlichingen,
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Zu den allergottloſeſten Schaubildern aber er¬
kohr man die oberſten Chargen und Stellen
des Hof- und Civiletats im Adreßcalender, in
welcher vornehmen Geſellſchaft denn doch noch
die Juſtiziarien, als Boͤſewichter der erſten
Inſtanz, ihren Platz fanden.
Doch indem ich ſchon fuͤrchten muß, uͤber
die Zeit hinausgegriffen zu haben, von der
hier die Rede ſeyn kann, kehre ich auf mich
ſelbſt zuruͤck, um des Dranges zu erwaͤhnen,
den ich empfand, mich in freyen Stunden mit
den einmal ausgeſonnenen theatraliſchen Pla¬
nen zu beſchaͤftigen.
Durch die fortdauernde Theilnahme an
Shakspeares Werken hatte ich mir den Geiſt
ſo ausgeweitet, daß mir der enge Buͤhnen¬
raum und die kurze, einer Vorſtellung zuge¬
meſſene Zeit keineswegs hinlaͤnglich ſchienen,
um etwas Bedeutendes vorzutragen. Das
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/309>, abgerufen am 23.11.2024.
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