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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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eine um so angenehmere Unterhaltung, als
es mich dem Vater näher brachte, der mit
meinem Benehmen in diesem Puncte völlig
zufrieden, allem Uebrigen was ich trieb, ger¬
ne nachsah, in der sehnlichen Erwartung, daß
ich nun bald auch schriftstellerischen Ruhm
einärndten würde.

Weil nun in jeder Zeitepoche alles zusam¬
menhängt, indem die herrschenden Meynun¬
gen und Gesinnungen sich auf die vielfachste
Weise verzweigen, so befolgte man in der
Rechtslehre nunmehr auch nach und nach alle
diejenigen Maximen, nach welchen man Re¬
ligion und Moral behandelte. Unter den
Sachwaltern als den jüngern, sodann unter
den Richtern als den ältern, verbreitete sich
der Humanismus, und alles wetteiferte, auch
in rechtlichen Verhältnissen höchst menschlich
zu seyn. Gefängnisse wurden gebessert, Ver¬
brechen entschuldigt, Strafen gelindert, die
Legitimationen erleichtert, Scheidungen und

eine um ſo angenehmere Unterhaltung, als
es mich dem Vater naͤher brachte, der mit
meinem Benehmen in dieſem Puncte voͤllig
zufrieden, allem Uebrigen was ich trieb, ger¬
ne nachſah, in der ſehnlichen Erwartung, daß
ich nun bald auch ſchriftſtelleriſchen Ruhm
einaͤrndten wuͤrde.

Weil nun in jeder Zeitepoche alles zuſam¬
menhaͤngt, indem die herrſchenden Meynun¬
gen und Geſinnungen ſich auf die vielfachſte
Weiſe verzweigen, ſo befolgte man in der
Rechtslehre nunmehr auch nach und nach alle
diejenigen Maximen, nach welchen man Re¬
ligion und Moral behandelte. Unter den
Sachwaltern als den juͤngern, ſodann unter
den Richtern als den aͤltern, verbreitete ſich
der Humanismus, und alles wetteiferte, auch
in rechtlichen Verhaͤltniſſen hoͤchſt menſchlich
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[290/0298] eine um ſo angenehmere Unterhaltung, als es mich dem Vater naͤher brachte, der mit meinem Benehmen in dieſem Puncte voͤllig zufrieden, allem Uebrigen was ich trieb, ger¬ ne nachſah, in der ſehnlichen Erwartung, daß ich nun bald auch ſchriftſtelleriſchen Ruhm einaͤrndten wuͤrde. Weil nun in jeder Zeitepoche alles zuſam¬ menhaͤngt, indem die herrſchenden Meynun¬ gen und Geſinnungen ſich auf die vielfachſte Weiſe verzweigen, ſo befolgte man in der Rechtslehre nunmehr auch nach und nach alle diejenigen Maximen, nach welchen man Re¬ ligion und Moral behandelte. Unter den Sachwaltern als den juͤngern, ſodann unter den Richtern als den aͤltern, verbreitete ſich der Humanismus, und alles wetteiferte, auch in rechtlichen Verhaͤltniſſen hoͤchſt menſchlich zu ſeyn. Gefaͤngniſſe wurden gebeſſert, Ver¬ brechen entſchuldigt, Strafen gelindert, die Legitimationen erleichtert, Scheidungen und

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/298>, abgerufen am 27.11.2024.