Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

dargestellten Gesinnungen wird nach und nach
einiges zu eröffnen seyn.

Unter den jungen Männern, welche der
Gesandschaft zugegeben, sich zu ihrem künfti¬
gen Dienstlauf vorüben sollten, fand sich einer
den wir kurz und gut den Bräutigam zu nen¬
nen pflegten. Er zeichnete sich aus durch ein
ruhiges gleiches Betragen, Klarheit der An¬
sichten, Bestimmtheit im Handeln und Reden.
Seine heitere Thätigkeit, sein anhaltender
Fleiß empfahl ihn dergestalt den Vorgesetzten,
daß man ihm eine baldige Anstellung versprach.
Hiedurch berechtigt, unternahm er sich mit
einem Frauenzimmer zu verloben, das seiner
Gemüthsart und seinen Wünschen völlig zu¬
sagte. Nach dem Tode ihrer Mutter, hatte
sie sich als Haupt einer zahlreichen jüngeren
Familie höchst thätig erwiesen und den Vater
in seinem Wittwerstand allein aufrecht erhal¬
ten, so daß ein künftiger Gatte von ihr das
Gleiche für sich und seine Nachkommenschaft

dargeſtellten Geſinnungen wird nach und nach
einiges zu eroͤffnen ſeyn.

Unter den jungen Maͤnnern, welche der
Geſandſchaft zugegeben, ſich zu ihrem kuͤnfti¬
gen Dienſtlauf voruͤben ſollten, fand ſich einer
den wir kurz und gut den Braͤutigam zu nen¬
nen pflegten. Er zeichnete ſich aus durch ein
ruhiges gleiches Betragen, Klarheit der An¬
ſichten, Beſtimmtheit im Handeln und Reden.
Seine heitere Thaͤtigkeit, ſein anhaltender
Fleiß empfahl ihn dergeſtalt den Vorgeſetzten,
daß man ihm eine baldige Anſtellung verſprach.
Hiedurch berechtigt, unternahm er ſich mit
einem Frauenzimmer zu verloben, das ſeiner
Gemuͤthsart und ſeinen Wuͤnſchen voͤllig zu¬
ſagte. Nach dem Tode ihrer Mutter, hatte
ſie ſich als Haupt einer zahlreichen juͤngeren
Familie hoͤchſt thaͤtig erwieſen und den Vater
in ſeinem Wittwerſtand allein aufrecht erhal¬
ten, ſo daß ein kuͤnftiger Gatte von ihr das
Gleiche fuͤr ſich und ſeine Nachkommenſchaft

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0239" n="231"/>
darge&#x017F;tellten Ge&#x017F;innungen wird nach und nach<lb/>
einiges zu ero&#x0364;ffnen &#x017F;eyn.</p><lb/>
        <p>Unter den jungen Ma&#x0364;nnern, welche der<lb/>
Ge&#x017F;and&#x017F;chaft zugegeben, &#x017F;ich zu ihrem ku&#x0364;nfti¬<lb/>
gen Dien&#x017F;tlauf voru&#x0364;ben &#x017F;ollten, fand &#x017F;ich einer<lb/>
den wir kurz und gut den Bra&#x0364;utigam zu nen¬<lb/>
nen pflegten. Er zeichnete &#x017F;ich aus durch ein<lb/>
ruhiges gleiches Betragen, Klarheit der An¬<lb/>
&#x017F;ichten, Be&#x017F;timmtheit im Handeln und Reden.<lb/>
Seine heitere Tha&#x0364;tigkeit, &#x017F;ein anhaltender<lb/>
Fleiß empfahl ihn derge&#x017F;talt den Vorge&#x017F;etzten,<lb/>
daß man ihm eine baldige An&#x017F;tellung ver&#x017F;prach.<lb/>
Hiedurch berechtigt, unternahm er &#x017F;ich mit<lb/>
einem Frauenzimmer zu verloben, das &#x017F;einer<lb/>
Gemu&#x0364;thsart und &#x017F;einen Wu&#x0364;n&#x017F;chen vo&#x0364;llig zu¬<lb/>
&#x017F;agte. Nach dem Tode ihrer Mutter, hatte<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich als Haupt einer zahlreichen ju&#x0364;ngeren<lb/>
Familie ho&#x0364;ch&#x017F;t tha&#x0364;tig erwie&#x017F;en und den Vater<lb/>
in &#x017F;einem Wittwer&#x017F;tand allein aufrecht erhal¬<lb/>
ten, &#x017F;o daß ein ku&#x0364;nftiger Gatte von ihr das<lb/>
Gleiche fu&#x0364;r &#x017F;ich und &#x017F;eine Nachkommen&#x017F;chaft<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0239] dargeſtellten Geſinnungen wird nach und nach einiges zu eroͤffnen ſeyn. Unter den jungen Maͤnnern, welche der Geſandſchaft zugegeben, ſich zu ihrem kuͤnfti¬ gen Dienſtlauf voruͤben ſollten, fand ſich einer den wir kurz und gut den Braͤutigam zu nen¬ nen pflegten. Er zeichnete ſich aus durch ein ruhiges gleiches Betragen, Klarheit der An¬ ſichten, Beſtimmtheit im Handeln und Reden. Seine heitere Thaͤtigkeit, ſein anhaltender Fleiß empfahl ihn dergeſtalt den Vorgeſetzten, daß man ihm eine baldige Anſtellung verſprach. Hiedurch berechtigt, unternahm er ſich mit einem Frauenzimmer zu verloben, das ſeiner Gemuͤthsart und ſeinen Wuͤnſchen voͤllig zu¬ ſagte. Nach dem Tode ihrer Mutter, hatte ſie ſich als Haupt einer zahlreichen juͤngeren Familie hoͤchſt thaͤtig erwieſen und den Vater in ſeinem Wittwerſtand allein aufrecht erhal¬ ten, ſo daß ein kuͤnftiger Gatte von ihr das Gleiche fuͤr ſich und ſeine Nachkommenſchaft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/239
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/239>, abgerufen am 27.11.2024.