den, strebte vorwärts, und da man noch vor kurzem studirte, um zu Aemtern zu gelangen, so fing man nun an den Aufseher der Beam¬ ten zu machen, und die Zeit war nah, wo der Theater- und Romanendichter seine Böse¬ wichter am liebsten unter Ministern und Amt¬ leuten aufsuchte. Hieraus entstand eine halb eingebildete halb wirkliche Welt von Wirkung und Gegenwirkung, in der wir späterhin die heftigsten Angebereyen und Verhetzungen er¬ lebt haben, welche sich die Verfasser von Zeit¬ schriften und Tagblättern, mit einer Art von Wuth, unter dem Schein der Gerechtigkeit erlaubten, und um so unwiderstehlicher dabey zu Werke gingen, als sie das Publicum glau¬ ben machten, vor ihm sey der wahre Gerichts¬ hof: thöricht! da kein Publicum eine executi¬ ve Gewalt hat, und in dem zerstückten Deutschland die öffentliche Meynung Nieman¬ den nutzte oder schadete.
den, ſtrebte vorwaͤrts, und da man noch vor kurzem ſtudirte, um zu Aemtern zu gelangen, ſo fing man nun an den Aufſeher der Beam¬ ten zu machen, und die Zeit war nah, wo der Theater- und Romanendichter ſeine Boͤſe¬ wichter am liebſten unter Miniſtern und Amt¬ leuten aufſuchte. Hieraus entſtand eine halb eingebildete halb wirkliche Welt von Wirkung und Gegenwirkung, in der wir ſpaͤterhin die heftigſten Angebereyen und Verhetzungen er¬ lebt haben, welche ſich die Verfaſſer von Zeit¬ ſchriften und Tagblaͤttern, mit einer Art von Wuth, unter dem Schein der Gerechtigkeit erlaubten, und um ſo unwiderſtehlicher dabey zu Werke gingen, als ſie das Publicum glau¬ ben machten, vor ihm ſey der wahre Gerichts¬ hof: thoͤricht! da kein Publicum eine executi¬ ve Gewalt hat, und in dem zerſtuͤckten Deutſchland die oͤffentliche Meynung Nieman¬ den nutzte oder ſchadete.
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den, ſtrebte vorwaͤrts, und da man noch vor
kurzem ſtudirte, um zu Aemtern zu gelangen,
ſo fing man nun an den Aufſeher der Beam¬
ten zu machen, und die Zeit war nah, wo
der Theater- und Romanendichter ſeine Boͤſe¬
wichter am liebſten unter Miniſtern und Amt¬
leuten aufſuchte. Hieraus entſtand eine halb
eingebildete halb wirkliche Welt von Wirkung
und Gegenwirkung, in der wir ſpaͤterhin die
heftigſten Angebereyen und Verhetzungen er¬
lebt haben, welche ſich die Verfaſſer von Zeit¬
ſchriften und Tagblaͤttern, mit einer Art von
Wuth, unter dem Schein der Gerechtigkeit
erlaubten, und um ſo unwiderſtehlicher dabey
zu Werke gingen, als ſie das Publicum glau¬
ben machten, vor ihm ſey der wahre Gerichts¬
hof: thoͤricht! da kein Publicum eine executi¬
ve Gewalt hat, und in dem zerſtuͤckten
Deutſchland die oͤffentliche Meynung Nieman¬
den nutzte oder ſchadete.
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/222>, abgerufen am 27.11.2024.
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