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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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mit einem Beyworte. Mich nannten sie Goetz
von Berlichingen, den Redlichen. Jenen ver¬
diente ich mir durch meine Aufmerksamkeit
für den biedern deutschen Altvater, und die¬
sen durch die aufrichtige Neigung und Erge¬
benheit gegen die vorzüglichen Männer die ich
kennen lernte. Dem Grafen von Kiel¬
mannsegg
bin ich bey diesem Aufenthalt
vielen Dank schuldig geworden. Er war der
ernsteste von allen, höchst tüchtig und zuver¬
lässig. Von Goue, ein schwer zu entziffern¬
der und zu beschreibender Mann, eine derbe,
breite, hannövrische Figur, still in sich gekehrt.
Es fehlte ihm nicht an Talenten mancher Art.
Man hegte von ihm die Vermuthung, daß
er ein natürlicher Sohn sey; auch liebte er
ein gewisses geheimnißvolles Wesen, und ver¬
barg seine eigensten Wünsche und Vorsätze un¬
ter mancherley Seltsamkeiten, wie er denn
die eigentliche Seele des wunderlichen Ritter¬
bundes war, ohne daß er nach der Stelle des
Heermeisters gestrebt hätte. Vielmehr ließ er,

mit einem Beyworte. Mich nannten ſie Goetz
von Berlichingen, den Redlichen. Jenen ver¬
diente ich mir durch meine Aufmerkſamkeit
fuͤr den biedern deutſchen Altvater, und die¬
ſen durch die aufrichtige Neigung und Erge¬
benheit gegen die vorzuͤglichen Maͤnner die ich
kennen lernte. Dem Grafen von Kiel¬
mannsegg
bin ich bey dieſem Aufenthalt
vielen Dank ſchuldig geworden. Er war der
ernſteſte von allen, hoͤchſt tuͤchtig und zuver¬
laͤſſig. Von Goué, ein ſchwer zu entziffern¬
der und zu beſchreibender Mann, eine derbe,
breite, hannoͤvriſche Figur, ſtill in ſich gekehrt.
Es fehlte ihm nicht an Talenten mancher Art.
Man hegte von ihm die Vermuthung, daß
er ein natuͤrlicher Sohn ſey; auch liebte er
ein gewiſſes geheimnißvolles Weſen, und ver¬
barg ſeine eigenſten Wuͤnſche und Vorſaͤtze un¬
ter mancherley Seltſamkeiten, wie er denn
die eigentliche Seele des wunderlichen Ritter¬
bundes war, ohne daß er nach der Stelle des
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[207/0215] mit einem Beyworte. Mich nannten ſie Goetz von Berlichingen, den Redlichen. Jenen ver¬ diente ich mir durch meine Aufmerkſamkeit fuͤr den biedern deutſchen Altvater, und die¬ ſen durch die aufrichtige Neigung und Erge¬ benheit gegen die vorzuͤglichen Maͤnner die ich kennen lernte. Dem Grafen von Kiel¬ mannsegg bin ich bey dieſem Aufenthalt vielen Dank ſchuldig geworden. Er war der ernſteſte von allen, hoͤchſt tuͤchtig und zuver¬ laͤſſig. Von Goué, ein ſchwer zu entziffern¬ der und zu beſchreibender Mann, eine derbe, breite, hannoͤvriſche Figur, ſtill in ſich gekehrt. Es fehlte ihm nicht an Talenten mancher Art. Man hegte von ihm die Vermuthung, daß er ein natuͤrlicher Sohn ſey; auch liebte er ein gewiſſes geheimnißvolles Weſen, und ver¬ barg ſeine eigenſten Wuͤnſche und Vorſaͤtze un¬ ter mancherley Seltſamkeiten, wie er denn die eigentliche Seele des wunderlichen Ritter¬ bundes war, ohne daß er nach der Stelle des Heermeiſters geſtrebt haͤtte. Vielmehr ließ er,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/215>, abgerufen am 24.11.2024.